Ein Poetry Slam – Eine Liebeserklärung
Heute, am 23. April, ist der Welttag des Buches – für mich ein Anlass, mal wieder ein paar Worte über Bücher zu verlieren und zu zeigen, weshalb das Lesen so schön ist.
Dies möchte ich zur Abwechslung aber mal mit ein wenig Poesie ausdrücken: meine Gedanken mal anders aufschreiben. In meiner Freizeit schreibe ich ab und an gerne Poetrys. Letzten Herbst habe ich das erste Mal an einem Slam teilgenommen. Aber das geht ja gerade nicht. Also lasse ich euch daran teilhaben:
Wenn Bücher das neue Netflix wären.
Montag: Einen langen Tag gehabt.
Der Wecker klingelte zu spät. Trotz Home-Office.
Gerade so hat man es aus dem Bett geschafft.
Den Kaffee verschüttet. Der PC ist abgestürzt. Ohne Backup
Dieser kuriose Corona-Alltag,
den man nicht zu rekapitulieren vermag.
Man flüchtet auf’s Sofa. Ausatmen.
Kein Reinquatschen.
Fernsehr an. Endlich Bingewatchen.
Freitag: Man sitzt mal wieder auf dem Sofa und sucht eine Beschäftigung.
Vergebens.
Freunde treffen, Fehlanzeige. Es fehlt die Freizeitplanung.
Zum Glück.
Das Tinder-Match von Vor-Corona meldet sich mal wieder.
Das ist die perfekte Abwechslung.
Netflix & Chill mit Sicherheitsabstand.
Sind wir wirklich entspannt?
Wird es nicht langweilig?
Wenn wir täglich auf dem Sofa sitzen und netflixen?
Also lasst uns ein Gedankenspiel wagen.
Schnitt. Cut. Szenenwechsel.
Was wäre wenn Lesen ein neuer Trend ist.
Was wäre, wenn alle mal wieder Bücher kaufen.
Was wäre, wenn Bücher das neue Netflix wären?
Wir sitzen am Lieblingsplatz.
Mit einem Kaffee oder Tee in der Hand,
Kekse sind auch dabei und auf dem Schoß, die schnurrende Katz.
Nun stellt euch vor, dass Serien Bücher wären.
Im Handumdrehen fünf Bücher aus dem visuellen Regal des Bücher-Netflix ziehen,
sich frei bedienen.
Überlegen, was passieren könnte in all den Titeln,
sich in den Covern verlieren. Schmökern in verschiedenen Kapiteln.
Bücher, Worte und Seiten,
In der Fantasie mit Einhörnern über Regenbogen reiten.
Sich von Magie und Zaubersprüchen leiten lassen und fliegen mit dem Besen
oder aber über reale Weltengrenzen hinwegschreiten.
All das kann man beim Lesen.
Oder aber Wissenswertes und Spezialkenntnisse in Sachbüchern lernen.
Von Ernährung über Psychologie bis hin zur Natur
oder aber Politik, Geschichte, Philosophie. Wer weiß das alles nur?
Argumente, Hypothesen kennen lernen,
sich all die spannenden Thesen merken.
Im Thriller als Blonde zuerst in den dunklen Keller gehen.
Den Herzschlag laut fühlen.
Das Blut in den Adern spüren.
Den Mörder zuerst sehen, die Leiche vom Tatort wegführen.
Schaudern. Und danach Albträume haben.
Dem Traumprinzen im Liebesroman überall hin folgen.
Mit ihm über Blumenfelder spazieren.
Schmetterlinge im Bauch und Frühlingsgefühle haben.
Ohne jegliche Alltagsprobleme auf Wolke 7 flanieren.
Vom Gespräch mit anderen Buchliebhabern per Chatfunktion profitieren.
Sich zum Lesen & Chillen treffen
oder aber das komische Tinder-Date ganz boykottieren.
Hitzig über Gelesenes diskutieren,
im virtuellen Lesekreis.
Analysieren und debattieren über die gemeinsam gelesenen Seiten,
über Intentionen.
Abschweifen über interpretative Möglichkeiten,
über Absichten und Ziele des Autoren.
Die Mädchen von Germany’s Next Top Model würden ab sofort lieber lesen.
Der Modelaufsteg? Hinfällig.
Da man nun lieber in die Buchhandlungen stolziert, um neue Lektüren zu kaufen.
Anstatt daran vorbei zu laufen.
Um im Finale zu gewinnen, würden sie sagen: Ich liebe das Lesen!
Der Bachelor würde nicht mehr einfach nur knutschen
Sondern bei den Kandidatinnen prüfen: Habt ihr Tolstoi oder Goethe gelesen?
Vielleicht würden Influencer weniger YouTube-Videos mit Schminktipps drehen.
Die Leute wollen Videos über Bücher sehen.
Aber Vorsicht: Spoiler!
Danach planen die Follower noch das letzte Kapitel zu schaffen.
Sie glauben zumindest in aktuellen Zeiten kaum mehr draußen etwas zu verpassen.
Auch 140 Zeichen bei Twitter sind bei geübten Lesern nicht mehr ausreichend.
Sie sind neugierig. Sie wollen es tiefgreifend.
Aber ist Lesen nicht gleichzeitig auch Realitätsflucht?
Sind wir automatisch intelligenter, sobald wir lesen?
Ist es nicht sogar mehr eine Sucht?
Nach Anerkennung?
Oder eben mehr der Schutz in eine irreale Welt,
wenn die Realität mal wieder nervt?
Und es von allen Seiten an Alltagsgedanken zerrt?
Wir sehen es aktuell.
Wir lesen nicht unbedingt weniger. Nur viele eben weniger Bücher.
Wir inhalieren Nachrichten über Corona oder lesen Tweets.
Es sind zwar nur 140 Zeichen, aber eben auch über 140 Tweets am Tag.
Jeder liest also, wie er mag.
Oder netflixt.
Doch eines zeigt sich dennoch:
Wenn wir nicht nur Tweets, sondern Bücher lesen,
wenn wir nicht nur chillen, sondern lesen,
wenn wir nicht nur über den Laufsteg posen, sondern lesen,
wenn wir nicht nur knutschen, sondern lesen
und wenn wir nicht nur youtuben, sondern lesen:
Dann, ist es vielleicht manchmal Realitätsflucht
aber gleichzeitig auch irgendwie gar nicht so falsch.
Qualität statt Quantität.
Da man die Realität danach besser versteht.
Es ist also an uns, dem Lesen wieder ein positiveres Image zu geben.
Dafür am Welttags des Buches die Gläser zu heben!
Auf all die Bücher, die wir heute noch bingelesen.
Auf all die Seiten, die wir uns noch nach einem Cliffhanger vornehmen.
Das Ende einer Staffel befürchten
und direkt wieder ins Netflix für Bücher flüchten.
Happy End.
Fazit
Und was meint ihr? Was wäre, wenn Bücher das neue Netflix wären? Was könnte dann alles möglich sein?