Oh là là: Ein Roadtrip nach Frankreich mit Buchhandlungen, Teil II

Zum Zielort in die Bretagne und über Brüssel wieder zurück

Woran man mit dem Auto erkennt, dass man in der Bretagne angekommen ist? Man muss an keinerlei Maut-Stationen mehr anhalten. In den anderen Teilen des Landes begegnen diese einem nämlich gefühlt alle paar Meter, um für die Autobahnen zu bezahlen. Die Bretonen grenzen sich eben gerne von der Regierung in Paris ab. In der Vergangenheit soll es darüber hinaus immer wieder Konflikte und Abgrenzungsversuche gegeben haben. (Ein Beitrag dazu auf Planet Wissen). So scheint man in der Bretagne nicht nur von der Distanz her, sondern auch im Kopf weit weg von Paris zu sein. Hier ticken die Uhren eben einfach anders und vor allem langsamer.

Die Landschaft im Westen Frankreichs verspricht mir und meinem Freund, nach dem doch sehr regen und bunten Treiben der Hauptstadt, die perfekte Abwechslung zu sein. Hier geht es zum Teil I meines Reiseberichts.

Die Smaragdküste der Bretagne

Natur und französische Lebenskultur pur: die Bretagne

Willkommen in der Bretagne: Als wäre man in Großbritannien oder Irland, aber gleichzeitig auch in der Karibik. Die Temperaturen sind angenehm warm, aber durch die atlantische Strömung und einer leichten Brise, die uns um die Nase weht, ist das Klima gleichzeitig mild. Als Ausgangspunkt haben wir uns für Saint-Malo entschieden, einer kleinen Hafenstadt im Norden der Bretagne. In Frankreich gilt die Stadt als beliebtes Urlaubsziel und das nicht ohne Grund, denn die Altstadt des Orts ist wirklich sehenswert. Sie wird durch eine Stadtmauer begrenzt, auf der man sogar entlanglaufen kann. Man tritt durch die Stadttore und taucht in eine andere Welt, in die Vergangenheit, ein. Autos sind nur ungern und selten gesehen. Hier reihen sich in mittelalterlicher Atmosphäre Cafés, kleine Läden und Buchhandlungen aneinander. Außerdem grenzt daran direkt ein Strand und der Atlantik zeigt sich in seiner ganzen Pracht. Er wird von Felsklippen umschlossen. Ein lokaler Musiker begrüßt uns mit Klängen, die mich an Irland und Schottland erinnern. Eine Atmosphäre, die durch die Landschaft mit Steilklippen noch einmal verstärkt wird. Man spricht von der Region rund um Saint-Malo jedoch nicht ohne Grund auch von der Smaragdküste. Das Wasser spiegelt sich grün und versprüht deshalb genauso karibisches Flair. Für mich ist es die ideale Mischung und Balsam für die Seele, um nach diesem verrückten, ersten halben Jahr abzuschalten.

So nutzen wir auch einen Tag, um entlang der Küste und Steilklippen zu wandern. Hierbei kann ich mich an der Natur der Region gar nicht satt sehen. Wir steigen waghalsig eine Steilklippe hinunter und verweilen. Wir lauschen den Wellen und den Gesängen der Möwen. Wir picknicken im Blumenmeer auf den Felsen. Wir beobachten andere Gäste dabei, wie sie nahezu unbekümmert ins Wasser springen. Auch ich traue mich einmal in den Atlantik: „Brr, ganz schön kalt!“ Zum Glück kann ich zwischendurch auf eine Betonbrücke flüchten, die man kurz nach der Flut gar nicht gleich sieht und es so von außen sogar scheint, man gehe übers Wasser.

Neue Lektüre, zur Abwechslung mal Originalsprache

Die Hauptstadt der Bretagne ist Rennes, wohin wir einen weiteren Tagesausflug planen. Auch diese Stadt überrascht uns wieder positiv durch mittelalterlichen, aber auch modernem Charme. Hierhin soll es mich vor allem auch in die nächste Buchhandlung verschlagen, in die ich eigentlich nur mal kurz reinschauen möchte.

Aber natürlich kann ich sie nicht ohne neue Bücher im Gepäck verlassen. Eine Mitarbeiterin berät mich freundlich. Ich suche nach einer sommerlichen (Liebes-)-Geschichte in französischer Originalsprache, die locker leicht ist, aber dennoch nicht zu kitschig sein wird. So kann ich mich letztendlich bei all den persönlichen Empfehlungen gar nicht entscheiden. Ich wähle somit zum einen eine etwas leichtere Lektüre (sowohl vom Inhalt als auch sprachlichem Niveau, so manches rostet dann doch ein): „Et je danse aussi“ von Anne-Laure Bondoux und Jean-Claude Mourlevat, zum anderen eine anspruchsvollere „Mon désir le plus ardent“ von Pete Fromm für danach.

Da ich so nun mit genug Lektüre ausgestattet bin, betreibe ich auf meinem weiteren Aufenthalt in der Bretagne, was die Buchhandlungen betrifft, eher Windowshopping. Ich stöbere zwar auch mal auf einem kleinen Büchermarkt, ohne jedoch noch einmal schwach zu werden. Während unserer Reise durch Frankreich bin ich überhaupt immer wieder auf kleine bis große Buchläden gestoßen, was mir sehr positiv aufgefallen ist. Obwohl ich letztendlich doch leider nur wenige wirklich besuchen konnte (naja, immerhin hatten Aline und ich Blogpause ;-)).

Als neue Urlaubslektüre begleitet mich ab sofort also Bondoux‘ und Mourlvats französischer Briefroman, der sich gut verständlich liest und angenehm konsumieren lässt. Es beginnt mit einer formellen E-Mail-Korrespondenz zwischen den Protagonist:innen, einem Autor und seiner Leserin. Es scheint wie eine Flaschenpost, die Pierre-Marie eher zufällig öffnen und sich dann davon mitreißen lassen wird. Es entsteht ein reger und gleichzeitig angeregter Austausch. Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird!

Viel zu schnell vorbei: Letztes Zwischenziel Brüssel

Nach einer Woche in der ruhigen, beschaulichen Bretagne sind wir doch wieder offen für eine Großstadt. Und so wird uns auf dem Rückweg unserer anderthalbwöchigen Reise der letzte Stopp in eine weitere französischsprachige Metropole führen, nach Brüssel. Hier verbringen wir noch einmal einen schönen, letzten Urlaubstag. Nach dem Wein in Paris und Cidre für den die Bretagne besonders bekannt ist, können wir uns nun durch vielfältige Biersorten kosten. Pommes und belgische Waffeln dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Neben dem bekannten großen Markt, dem Herzstück der belgischen Hauptstadt, besuchen wir noch das Europaviertel. Die für die EU wichtigen Institution vom Nahen und gefühlt alle auf einem Fleck zu sehen und auch den Plenarsaal des Parlaments als EU-Bürgerin einmal betreten zu können, beeindruckt mich schon sehr. Es gibt auch eine kostenlose Ausstellung, dem Parlamentarium, die mich persönlich jedoch leider etwas enttäuscht. Sie geht kaum im Detail auf die Organe, Funktionen und Aufgaben der EU ein, sondern vor allem auf die europäische Geschichte und das mit vielen Texten und nur wenig interaktiv, was auf ihrer Website allerdings versprochen wird. Die Ausstellung kann ich so leider eher nicht empfehlen.

Was ich dahingehend euch sehr wohl empfehlen möchte, gerade als Literaturbegeisterte, ist es, die Stadt nach einer ganz besonderen Street-Art-Kunst abzusuchen. Belgien ist bekannt für und stolz auf ihre Comics und so lässt es sich die Hauptstadt nicht nehmen, ihre berühmten Bildergeschichten auf Hauswände in der ganzen Stadt in Großaufnahme zu projizieren. Unsere Unterkunft liegt zum Beispiel ganz in der Nähe von Tim und Struppi („Tin Tin“ im Original). Hier befindet sich auch eine Comicbuchhandlung, bei der man sicher stundenlang stöbern könnte und diverse Ausgaben unter anderem von den belgischen Comics Tim und Struppi, Lucky Luke und den Schlümpfen findet. Für mich ist es der perfekte Abschluss nach einem sehr erholsamen, aber auch abenteuerlichen Roadtrip.

Tim und Struppi unterwegs in Brüssel

Fazit

Obwohl ich öfter von begeisterten Reiseberichten aus der Bretagne gehört habe, wurden meine Erwartungen letztendlich sogar übertroffen. Die Region eignet sich für Individualreisende, sei es in Wanderschuhen, auf dem Fahrrad oder unterwegs mit dem Camper. Was ich jedoch kaum glauben konnte, dass ich nur selten andere Sprachen als Französisch gehört habe. Die Bretagne ist ein beliebtes Ausflugsziel der heimischen Bevölkerung, scheint aber international gleichzeitig noch ein Geheimtipp, da es entgegen anderer französischen Regionen wie der Côte d’Azur, Provence und Paris wohl seltener besucht wird.

Bei uns ist diesmal vor allem der Weg, über Paris auf dem Hinweg und Brüssel auf der Rückreise, das Ziel gewesen. So konnten wir die Bretagne zwar nicht im ganzen Ausmaß erleben, werden aber insofern definitiv wiederkommen und uns noch mehr Zeit für die beeindruckende Natur nehmen. Genauso das Reisen mit dem Auto haben wir für uns entdeckt, da wir deutlich flexibler waren und nebenbei viel von dem Land und den Leuten mitbekommen konnten. Au revoir ma chère France – bis bald mal wieder!

Reist ihr auch gerne über den Landweg mit dem Auto oder Zug, anstatt mit dem Flieger? Habt ihr da noch weitere Tipps zu Ausflugzielen und Routen auf Lager? Dann gerne her damit!

Weitere Buchtipps zur Bretagne

Niklas Bender (Hrsg.): Bretagne. Eine literarische Einladung. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2017. Ein Buchtipp der SZ zur Bretagne von Bretonen

Die Buchreihe um Kommissar Dupin von Jean-Luc Bannalec – die einen Hype ausgelöst haben.

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