Zwischen Ende und Anfang – Monatsblätter Dezember 24 & Januar 25

Zwischen den Stühlen, zwischen den Jahren, zwischen Ende und Anfang:
Die Erde dreht sich einmal um die Sonne, vom 31. Dezember auf den 1. Januar. Eigentlich alles wie immer. Dennoch ist es eine besondere Nacht, in der sich die Uhren auf ein neues Jahr umstellen, verbunden mit der Hoffnung von vorn anfangen zu können, weshalb es die beliebte Zeit der Vorsätze ist. Wer uns bereits länger folgt, weiß in jedem Fall: Jedes Jahr setzen wir uns einen neuen, thematischen Fokus, der unsere Begeisterung fürs Lesen immer wieder neu entfacht und uns bewusster lesen lassen soll. Im vergangenen Jahr haben wir die Stimmen von Autorinnen in den Mittelpunkt gestellt. In unserem Jahresrückblick haben wir unter anderem  gezählt, wie viele Bücher wir von Frauen gelesen haben (95 von 123 Büchern).

Unser Schwerpunkt 2025 bei Aufgeblättert: #Backlistlesen

2025 wollen wir nun den Schwerpunkt auf das #Backlistlesen setzen, also weniger Neuerscheinungen lesen, sondern bewusster zu älteren Schätzen greifen – Geschichten, die älter als ein Jahr sind und schon lange auf uns warten. Das heißt, auch mal ins Bücherregal nach einem älteren Buch zu greifen und nicht (nur) den neusten Geschichten hinterherzujagen.

Gelesene Bücher – Kurz zusammengefasst

So spiegeln sich beide Schwerpunkte in unserem Leseverhalten wider, in den Büchern, die uns über den Jahreswechsel hinweg begleitet haben.

#frauenlesen

In unserem letzten Themenbeitrag 2024 haben wir auf dem Blog unterhaltsame Bücher für die dunklen Wintertage vorgestellt, die ausschließlich von Autorinnen geschrieben wurden:

📓Ali Hazelwood Love, theoretically (Romance)
🎧Freya Miles A Bookboyfriend for Christmas (Romance)
📘Clare Pollard Der Salon der kühnen Frauen* (Historischer Roman)
📕Dora Heldt Geld oder Lebkuchen (Krimi)
🎧Dora Heldt Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen* (Familienroman)

In unserer Adventsfolge im Podcast vom Dezember sprachen wir gleich über zwei Blind Dates von Autorinnen:

Alines Blind Date: „Bevor sie ihren Vater zurückruft, kippt sie verschimmelten Parmesan aus einer Metalldose auf ihr Essen.“ – Helene Hegemann: Schlachtensee
Hierbei handelt es sich um einen von 15 ersten Sätzen, aus Kurzgeschichten. Für Aline abgefahren und nicht immer zugänglich. Luise, die diesmal das Buch auch gelesen hat, war wiederum angetan von der Präzision und Bildhaftigkeit, Abgründiges darzustellen.

Luises Blind Date: „An frühen Winterabenden an Bushaltestellen drückt sie am härtesten zu.“ – Rasha Khayat: Ich komme nicht zurück*: Ein Pageturner über Herkunft, Freundschaft und wie diese mit der Zeit bleiben, aber vor allem auch zerbrechen kann.

In Einat Tsarfatis Ordentlich Durcheinander* dreht sich alles um das Thema (Un-)Ordnung – oder besser gesagt, um die Schönheit und das kreative Potenzial, das in der Unordnung des Lebens steckt. Die Illustrationen der Autorin sind ein wahrer Genuss: Sie sind detailverliebt. Jede Seite ist ein kleines Kunstwerk, mit feinen, humorvollen Nuancen, wie Luise findet.

#backlistenlesen

Eshkol Nevos Über Uns taucht in die Abgründe der menschlichen Psyche und ist ein Roman über die komplexen Beziehungen der Bewohner:innen eines Mehrfamilienhauses. Das Ringen mit sich selbst, was die eigenen Bedürfnisse versus gesellschaftlicher Normen betrifft, ist menschlich und macht das Buch für Luise zu einer interessanten Charakterstudie.

Léon und Louise von Alex Capus ist einer der schönsten Liebesromane, die Aline bisher gelesen hat. Und hinter der vordergründig erscheinenden Liebesgeschichte steckt vor allem auch ein Roman über zwei Schicksale, die von zwei Weltkriegen geprägt wurden.

#wirlesenunabhängig: Des Weiteren haben wir euch bei Instagram Sachbücher aus Indie-Buchverlagen vorgestellt, die unseres Erachtens mehr Aufmerksamkeit verdienen sollten:

📕Nachkommen, hrsg. von Wiebke Dierks (& töchterVerlag)
📓Reihe mit Briefen, u.a. von Stefanie de Velasco* oder Gabriele von Arnim (Kjona Verlag)
📘Code und Vorurteil*, hrsg. in der Edition Bildungsstätte Anne Frank (Verbrecher Verlag)
📓InteGREATion* selfpublished von Anna Will und Azad Mohammed

Unsere Lesehighlights

So gehn wir denn hinab von Jesmyn Ward

aus dem Englischen von Ulrike Becker, erschienen im September 2024 im Verlag Antje Kunstmann

Denken wir uns in eine Zeit zurück, als Sklaven auf den Baumwollfeldern und Zuckerrohrplantagen der USA ihr Leben fristeten – ein Leben, welches daraus bestand, zu arbeiten, den Tyranneien der Aufseher ausgesetzt zu sein, Hunger zu leiden und nie zu erfahren, was es heißt, ein freies Leben zu führen. In einer solchen Welt wird Annis als Tochter einer Sklavin und ihres Besitzers geboren. Sie kommt zur Welt, um später verkauft zu werden, wo sie erneut der Willkür und Macht der Weißen ausgeliefert sein wird. Jesmyn Ward erzählt in So gehn wir denn hinab die Geschichte einer jungen Frau, die unglaubliche Qualen auf einem Gewaltmarsch von South Carolina zu den Sklavenmärkten von New Orleans erleiden muss. Angekettet an andere Sklaven und Sklavinnen durchquert sie Tümpel und reißende Flüsse, ist der brütenden Sonne ausgesetzt und darbt um ihr Leben. Während dieser Zeit – sei es auf dem Marsch oder auf einer Plantage – wird sie von einer Vorfahrin in Form eines Geistes begleitet. Mit ihr führt sie Zwiegespräche über die Vergangenheit, das Verschleppen der Großmutter aus ihrer Heimat in die Staaten und den Verlust der eigenen Mutter. Fast könnte man sagen, dass es diese mystische Figur ist, die Jesmyn Ward der Geschichte hinzufügt, die Annis den Mut zuspricht, doch so etwas wie Freiheit erleben zu dürfen. Poetisch, ruhig, sensibel und doch kraftvoll erzählt Jesmyn Ward diese beeindruckende Geschichte, wodurch es ihr gelingt, das Thema Sklaverei unglaublich gefühlvoll aufzuarbeiten. Ein Werk, das Aline zutiefst berührt hat. 

Unser Highlight: „So gehn wir denn hinab“

In der ersten Podcastfolge im neuen Jahr stellt Aline das Buch mit dem ersten Satz „Meiner Erfahrung nach werden Menschen nur dann als manipulativ bezeichnet, wenn ihre Machenschaften misslingen“ vor: Kleine Kratzer von Jane Campbell, welches zeigt, dass selbstbewusste Heldinnen zeitlos bleiben und Gefühle im Alter nicht vergehen. Der Debütroman einer Achtzigjährigen Autorin, das Aline sehr berührt hat und ein weiteres Highlight in diesem Monat darstellt.

Übrigens: Auch 2025 laden wir euch wieder in unserem Podcast zu einem Blind Date mit einer Geschichte ein. Hierbei wählen wir allein anhand des ersten Satzes eines Buches unseren nächsten Titel aus. Darüber hinaus stellen wir immer noch eine weitere Buchempfehlung vor, diesmal: Das Hörbuch von Giulia Becker Wenn ich nicht Urlaub mache, macht es jemand anderes, es ist für Luise wie ein Comedyprogramm. Man weiß, das man voll auf seine Kosten kommt. Es sind Geschichten aus dem Leben und Alltag, die der Autorin so passiert sind oder (jedem) passiert sein könnten.

Die Idee mit dem #Backlistlesen als neuen Schwerpunkt entstand unter anderem durch unseren Podcast Aufgeblättert – Dein Book Blind Date, in dem wir immer wieder auch zu älteren Büchern gegriffen haben. Diese bewusste Auswahl fühlte sich dabei wie ein Zurückkommen zu den Wurzeln unseres Hobbys an. Seid also auf die kommenden Buchtipps auf dem Blog, Social Media und in unseren Podcastfolgen in den kommenden Monaten gespannt!

*Rezensionsexemplar

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