Eine Lesung zu den Debüts „Ida“ von Katharina Adler und „Am Weltrand sitzen die Menschen und lachen“ von Philipp Weiss
Literatur feiern: Noch bis zum 15. Oktober 2018 findet das Harbour Front Festival in Hamburg statt, ein Literaturfestival mit Lesungen, Buchpremieren und themenbezogenen Diskussionen. Bereits seit zehn Jahren wird das Festival jährlich im Herbst ausgetragen und holt die Literatur der Welt an Orte rund um den Hafen.
Am Samstag, den 15. September besuchte ich im Nochtspeicher einen Debütantensalon. Die Autorinnen und Autoren der insgesamt vier Debütantensalons bewerben sich um den Klaus-Michael Kühne Preis zur Literaturförderung. Am 21. September wird der Preisträger von der letztjährigen Gewinnerin Inger-Maria Mahlke geehrt. An dem von mir besuchten Leseabend hörte ich einer gemeinsamen Lesung der Debüt-Autoren: Katharina Adler mit „Ida“ und Philipp Weiss „Am Weltrand sitzen die Menschen und lachen“ zu.
Lady first: Katharina Adlers „Ida“, am 24. Juli 2018 erschienen im Rowohlt Verlag
Bei Katharina Adlers Romanfigur Ida handelt es sich um die Uroma der Autorin. Letztere wird eine der bekanntesten Patientinnen Sigmund Freuds, als sie mit 18 Jahren die Therapie abbricht. Als Minderjährige beobachtet Ida eine Affäre ihres Vaters und wird von einem 25 Jährigen Mann belästigt und vergewaltigt. Ihr Bekanntenkreis unterstellt ihr, sich alles einzubilden, bis auf Psychotherapeut Sigmund Freund. Doch auch er versteht sie nicht recht, sondern unterstellt ihr Hysterie.
Der Roman ist allerdings mehr als eine Darstellung der Therapie von Ida bei Sigmund Freud, sondern der Abriss ihres Lebens. Das Besondere dabei ist, dass die Autorin die autobiographischen Züge ihrer Urgroßmutter in eine fiktive Geschichte verpackt.
Die Autorin hat für mich sehr gut passende Passagen ausgesucht, die Lust auf mehr machen und durch verschiedene Lebenssituationen, bereits den schüchternen, aber auch ehrlichen Charakter ihrer Protagonistin widerspiegeln lassen. Nach der Lesung durfte ich die Autorin noch kennen lernen.
Zwischenfazit 1: Man merkt Katharina Adler die Leidenschaft zum Schreiben an, sei es im Schreibstil, wenn sie vorliest oder auch von ihrem Buch spricht!
Last but not least: Philipp Weiss „Am Weltrand sitzen die Menschen und lachen“ erschienen am 10. September 2018 im Suhrkamp Verlag
Philipp Weiss‘ Roman besteht nicht nur aus einem, nein, sondern gleich aus fünf Bänden, und hat 1000 Seiten. Es ist ein Abriss derjenigen Menschheitsgeschichte, die besonders den Missbrauch von Macht durch Menschen aufzeigt – die des 19./20. Jahrhunderts. Die Romane reisen in einer Welt zwischen Frankreich und Japan. Die Protagonisten der einzelnen Bände haben Verbindungen zueinander, die man peu à peu entdecken darf. Mitunter tauchen Hauptprotagonisten der einen Bände als Nebendarsteller in anderen auf.
Die jeweiligen Bände sind unter verschiedenen Pseudonymen geschrieben, um die Verschiedenheit der Schreibstile zu verdeutlichen. Nur der Gesamtband steht unter dem Autorennamen Weiss. Zudem sind es nicht einfach alles nur Geschichten, sondern werden neben der unterschiedlichen Art des Schreibens auch verschieden dargestellt, sei es unter anderem als Erzählung, Enzyklopädie , Notizheft oder Manga.
Zwischenfazit 2: Der Roman ist faszinierend anders und eine ganz besondere Idee. Der Autor selbst tritt intelligent auf und hat definitiv künstlerisches Potential. Jedoch ist mir die Geschichte persönlich zu abstrakt gewesen, sodass ich dsa Buch eher nicht lesen müsste.
Gesamtfazit
Die Idee, zwei Debüt-Autoren einzuladen und sie dabei nicht nur lesen, sondern auch in einer Art Diskussionsrunde über die Hintergründe ihrer Romane reden zu lassen, fand ich erfrischend. Es lockerte die Lesung auf. Petra Bamberger, die Moderatorin, hat die richtigen Fragen gestellt und mit ihrer Art eine persönliche Atmosphäre geschaffen. Lesungen sollten wie Konzerte eine Plattform sein, um Autoren hautnah zu erleben und Lust zu bekommen, die Bücher zukaufen. Deshalb sind ansprechende Konzepte wie das des Debütantensalons wichtig!
Habt ihr die kommenden Tage noch nichts vor? Mehr zu den kommende Lesungen des Harbourfrontfestival findet ihr übrigens hier. Es sind noch so einige vielversprechende Lesungen angekündigt, es lohnt sich!
Mögt ihr Lesungen oder sollten das Konzept verbessert bzw. verändert werden?