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Noch immer wird häufig von Mädchen – aber auch von erwachsenen Frauen – erwartet, besonders nett zu sein und lieber anderen gerecht zu werden, als auf die eigenen Bedürfnisse zu hören. Sobald Frauen für sich einstehen, gelten sie schnell als zickig, anstrengend und im beruflichen Kontext als knallharte Karrierefrauen.
Folgende Bücher, die ich gelesen habe und euch vorstellen möchte, zeigen auf, weshalb wir Frauen mutiger werden dürfen, mal entgegen klassisch gesellschaftlichen Erwartungen zu handeln:
Birte Meier: „Equal Pay Now!“
Erschienen im Goldmann Verlag, März 2023
Als ich mich nach dem Equal Pay Day am 07. März 2023 (mal wieder) mit dem Thema gleiche Bezahlung von Frauen und Männern auseinandersetzte, musste ich feststellen, dass es bis zu diesem Jahr noch kein populäres Sachbuch gab, das diese Thematik schwerpunktmäßig behandelt. Zwar gab es bereits mehrere Bücher, die dem Thema ein Kapitel widmen, aber keines ausschließlich zu der Thematik (Fachliteratur mal außen vorgelassen). Umso mehr freute ich mich, als ich bei meinen hiesigen Recherchen auf die Buchankündigung zu Birte Meiers Sachbuch stoß. Und so viel sei bereits gesagt: es fesselte mich beim Lesen des Buchs unmittelbar, schon länger habe ich kein Sachbuch mehr so verschlungen:
Denn die Geschichte von Birte Meier scheint unbegreiflich. So ist sie eine renommierte Journalistin, ehemals aus dem Rechercheteam von Frontal 21 – entsprechend jene Redaktion, die Missstände aufdeckt und im wahrsten Sinne unter die Decke der gesellschaftlichen Geheimnisse blickt. Als Birte Meier bei ihrem Arbeitgeber, dem Sender ZDF, gleichen Lohn für gleiche Arbeit einfordert, stößt sie nicht nur gegen ein paar Widerstände, sondern gegen stahlharte Wände.
Dies schockiert mich, hat man doch bei öffentlich rechtlichen Sendern als öffentliche Institutionen eine deutlich andere Erwartung. Die freie Journalistin muss sich über Jahre hinweg durch mehrere rechtliche Instanzen klagen. Bis sie ganz oben landet, vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, mit den Worten dass ihre Klage nicht unberechtigt sei, aber sie als Gericht leider nicht zuständig wären – also einmal zurück auf Los bitte, zum Arbeitsgericht in Berlin. Hier verlor sie übrigens beim ersten Versuch den Kampf, der Richter wiegelte sie förmlich mit den Worten ab „weil die Kollegen besser verhandelt habe?“ und „Frauen würden ja bekanntlich schwanger werden“. Die Redakteurin unterliegt beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen einem Tarifvertrag. Zudem ist sie kinderlos geblieben, was eigentlich in der heutigen Zeit nicht mehr zur Sache tun sollte. Laut Meier hält sich auch bis heute breitflächig hartnäckig das gesellschaftliche Narrativ, Frauen seien nur Zuverdienerinnen. Birte Meier erzählt eindrücklich ihre eigene Geschichte, aber auch die anderer Leidensgenossinnen.
Sie klärt wesentliche Begriffe im Bereich Equal Pay, wie ‚Lohndiskriminierung‘ oder ‚bereinigte‘ und ‚unbereinigte Lohnlücke‘. So bemisst sich die ungereinigte Lohnlücke am Bruttostundenlohn aller erwerbstätigen Männer und Frauen und liegt derzeit in Deutschland bei circa 20 Prozent. Hier zeigt sich, dass Frauen generell in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, beziehungsweise zeigen Studien, dass Branchen im Lohnniveau sinken, sobald mehr Frauen in den Bereichen arbeiten. Bei der bereinigten Lohnlücke, so die Antidiskriminierungsstelle des Bundes: „…werden strukturelle Faktoren abgezogen, etwa die Unterschiede bei Berufen, Beschäftigungsumfang, Bildungsstand und die Tatsache, dass Frauen seltener Führungspositionen innehaben als Männer.“ Diese liegt aktuell bei ca. 7 % (Stand 2022), siehe Artikel der Faz.
Außerdem ordnet die Autorin die aktuelle Lage von Equal Pay in Deutschland im internationalen Vergleich ein und zeigt positive Beispiele aus Wirtschaft und Politik anderer Länder. Denn in Deutschland gibt es noch einiges zu tun. So kann man sich zwar seit 2018 bei großen Unternehmen den Durchschnitt des Gehalts des anderen Geschlechts mitteilen lassen (gleiche Erfahrungsstufe, mindestens 6 Vergleichspersonen), aber die Beweislast liegt weiterhin bei den Klagenden, also den Frauen, die in aller Regel weniger verdienen. So steigt die Hemmschwelle, sich gleiches Gehalt einzufordern oder gar zu klagen. Auch gibt es keine staatlichen Regelungen, die Unternehmen zwingen, Lohnlücken zwischen den Geschlechtern offenzulegen oder gar präventiv etwas dagegen zu unternehmen – was in anderen Ländern wie Frankreich, Island oder den USA bereits anders aussieht. Und ich frage mich auch warum. Immerhin haben wir doch eigentlich eine Regierung, die sich Gleichberechtigung auf die Fahnen schreibt und eine feministische Außenpolitik propagiert; was ist eigentlich mit einer feministischen Innenpolitik?
Jennifer Klinge: „Auch gut!“
Erschienen bei Palomaa Publishing, Anfang 2023
Wie ein Schalter, der sich umlegt, werden Frauen ab 30 plötzlich mit Fragen konfrontiert, wie in etwa, wann es denn endlich losgehe mit der Familiengründung. Oder warum frau noch keinen Mann an der Seite habe, was falsch mit einem sei.“
Jennifer Klinge ist selbst 37 und hat sich in ihren 30ern noch einmal dazu entschieden, ihr Leben umzukrempeln: sich selbständig zu machen und ihren festen Wohnsitz aufzugeben. Entsprechend wurde sie mit einigen schockierten Reaktionen konfrontiert, passte es doch nicht ins Bild eines vermeintlich klassischen Werdegangs einer Frau in ihrem Alter. So beleuchtet Jennifer die verschiedenen Narrative, die Frauen (ab 30 Jahren) besonders unter Druck setzen – z.B. Frauen als Single seien automatisch einsam, alle Frauen haben einen Kinderwunsch – und stellt dar, wie sie sich von den gelernten Glaubenssätzen befreit hat, um auch anderen Frauen damit zu helfen. Immerhin war Jennifer Klinges Weg steinig. So führten diese verinnerlichten Glaubenssätze sogar soweit bei ihr, dass sie Panikattacken und depressive Phasen durchmachte.
Hier möchte ich ihre Sichtweise noch ergänzen, dass nicht nur kinderlose Single-Frauen, sondern auch Frauen in Beziehungen und mit Kindern an die Grenze unrealistischer Erwartungen stoßen, denn eigentlich wird von jeder Frau erwartet, bestimmten Erwartungen gerecht zu werden.
Passend dazu möchte ich den Komiker Florian Schroeder zitieren:
„Was muss ‚die Frau’ alles sein? Sie muss Topmodel-mager-schlank sein, aber sie muss auch Kinder wollen. Die muss sie im richtigen Moment wollen. Also nicht mit 20, aber auch nicht mit 40. 20 ist zu früh, 40 ist zu spät. Sie muss die richtige Zahl, der richtigen Kinder, mit dem perfekten Mann, im richtigen Moment kriegen. Die richtige Zahl ist nicht eins, die ist ego, aber auch nicht fünf, das ist assi. Es muss irgendwie dazwischen liegen. Wenn sie Kinder hat, muss sie arbeiten. Sie muss Karriere machen und zwar selbstbewusst, aber nicht als Emanze, aber emanzipiert muss sie sein. Selbstbewusst, emanzipiert, feministisch, organisiert und überhaupt gut drauf. (…)“ mehr bei: Florian Schroeders Auftritt bei der NDR Talk Show.
Das Buch „Auch gut!“ umfasst insgesamt wichtige Gedanken. So stimme ich der Autorin Jennifer Klinge zu: Wir sollten versuchen, uns weitestgehend von unrealistischen Erwartungen frei zu machen und durchzuatmen. Dennoch waren wenige der Aussagen für mich letztendlich neu, womöglich auch da wir uns mit dem Thema für einen Blogbeitrag schon einmal umfassender beschäftigt haben. Siehe hier. Wenn man das Buch jedoch mehr als persönliches Manifest ansieht, und es ähnliche Gedanken sind, die einen umtreiben, so kann in jedem Fall auch eine therapeutische Wirkung haben.
Fazit
Wie vehement sich konservativ geprägte Narrative halten, zeigen beide vorgestellten Bücher für mich eindrücklich. Sowohl im beruflichen, als auch im privaten Kontext gibt es weiterhin viele (unrealistische) Erwartungen, die an Frauen geknüpft sind. Sicher ist es nicht einfach, all diese eigens gelernten Glaubenssätze von einem Tag auf dem anderen über Bord zu werfen, weder persönlich, und noch schwieriger als Gesellschaft. Aber indem es Frauen gibt, die über eigene Erfahrungen berichten und mit vermeintlichen Tabus brechen, wird der Weg für mögliche Verbesserungen geebnet.
Das Buch „Auch gut!“ ist im Übrigen bei Palomaa Publishing erschienen, ein junger Verlag, der Frauen und nicht-männliche Autor*innen verlegt, vor allem Sachbücher zu gesellschaftspolitischen Themen. Für uns sehr unterstützenswert! Hier auch eine Empfehlung: der Podcast der Verlegerin Anne Friebel, gemeinsam mit Annika Bach, Mit-Verlegerin von E.A. Seemann Henschel Verlagsgruppe : „Die Bücher unserer Zukunft“.
Danke an die Verlage für die Bereitstellung der Presseexemplare!