*Tada* Ab sofort sind wir zu zweit!
„aufgeblättert“ erwacht aus seinem Winterschlaf und das mit Pauken und Trompeten: Pünktlich zum neuen Jahr melde ich mich mit einer Überraschung bei euch:
Im letzten Jahr hat mich meine WG-Mitbewohnerin Aline bereits mit einem Gastbeitrag unterstützt, eine weitere Rezension folgt in den kommenden Tagen. Auch soll demnächst noch eine gemeinsame Rezension veröffentlicht werden. Da auch Aline immer mehr Gefallen am Bloggen fand und darüber nachdachte, aktiv zu werden, entwickelte sich langsam die Idee, dass wir uns zusammentun könnten. Denn zu zweit kann man sich mehr austauschen, sich Bücher aufteilen, sie aber auch gemeinsam lesen. Und genau das wollen wir nun tun: „aufgeblättert“ wächst!
So trifft es sich doch gut, dass Aline quasi direkt neben mir auf dem Sofa sitzt. Wir möchten zum Einstieg kurz auf unser letztes Jahr zurückblicken, sodass ihr uns beide noch besser kennen lernen könnt. Es werden sowohl persönliche als auch buchbezogene Fragen sein, die wir uns gemeinsam stellen. Es ist also gleich zweierlei: Ein Einstieg für uns als Team und ein Einstieg ins neue Jahr.
Schön, dass du da bist, Aline!
Vielen lieben Dank Luise! Ich freue mich schon auf das gemeinsame Bloggen und vor allem auf den Ansporn noch mehr und regelmäßiger zu lesen. Schon als Kind habe ich es geliebt, in die örtliche Bibliothek zu gehen und mir ständig neue Bücher auszuleihen. Als irgendwann die Kinder- und Jugendabteilung ausgelesen war, bin ich zu den Erwachsenen gewechselt. Aber wie das so ist, mit Studium und Arbeit, habe ich das Lesen aus dem Blick verloren. Glücklicherweise bist du dann bei uns eingezogen und hast mich inspiriert, wieder mehr zu lesen und nun auch mit der Möglichkeit die Leidenschaft weiter zu teilen.
Aline: Also liebe Luise, jetzt wo wir schon so gemütlich zusammensitzen, erzähl doch mal wie du den letzten Tag des Jahres verbracht hast.
1. Silvester
Ich bin der Großstadt entflohen ins schöne Mecklenburger Land. Eine Freundin von mir hat ihren 30. Geburtstag gefeiert und dafür ein sehr gemütliches, schickes Ferienhaus gemietet. Eine schöne Idee wie ich finde! Um uns herum war es wunderbar ruhig und die frische Luft umgab uns förmlich. Das Besondere daran ist außerdem, dass ich diese Freundin über’s Bloggen kennen gelernt habe und sie trotz Distanz zwischen Berlin und Hamburg zu einer meiner engsten Freunde wurde.
Luise: Und bei dir, wie hast du Silvester verbracht? Du bist ja in Hamburg geblieben…
Ja das stimmt, ich habe Silvester im schönen Eimsbüttel gemeinsam mit Freunden verbracht. Wir haben die Wohnung im Stile der 20er Jahre dekoriert und es uns bei einem üppigen Racletteessen gut gehen lassen. Um Mitternacht standen wir dann auf dem kleinen Balkon mit Wunderkerzen in der Hand und haben den Nachbarn zugeschaut, wie sie ihre Feuerwerke in die Luft geschossen haben. Wirklich ein tolles Spektakel und ganz so wie ich es mir gewünscht habe, ganz entspannt mit guten Freunden.
2. Schönstes WG-Erlebnis
Luise: Wollen wir mal etwas zurückblicken. Und das gemeinsam: Was war für dich das schönste WG-Erlebnis, Aline?
Ich würde sagen unsere Zero-Waste-Woche(n). Ich habe mich schon lange mit dem Thema beschäftigt, mein Badezimmer so weit es geht vom Plastik befreit und immer versucht, regional und unverpackt einzukaufen. Aber dann wie in einer Art „Wettbewerb“ noch einmal zu sehen, wie viel Plastik tatsächlich im Alltag anfällt, fand ich schon überraschend.
Du hast recht. Für mich hat die Zero-Waste-Woche persönlich auch viel verändert! Ich habe bemerkt, wie viel Plastik ich noch verwende und so aber auch verschwende. Im Bad habe ich nun einiges auf plastikfreie oder nachhaltige Produkte umgestellt und auch in der Küche achte ich darauf, mehr frische, unverpackte Zutaten zu kaufen. Unsere Gemüsekiste, die wir wöchentlich geliefert bekommen mit regionalem Gemüse und alles unverpackt, finde ich diesbezüglich besonders praktisch.
Und vergiss nicht unsere Haustiere ;-)! Wir haben uns ja schon vor einiger Zeit Regenwürmer angeschafft, die unseren Biokompost in feinsten Humus umwandeln. Das ist für eine Stadtwohnung eine tolle Sache.
Aline: Aber davon abgesehen, ist dir noch etwas anderes in Erinnerung geblieben?
Hmm…
Ja, doch! Die erste Kleidertausch- und Büchertauschparty in unserer WG – Wir organisierten sie erst zum Ende des Jahres hin. Da ich so etwas das erste Mal veranstaltete, blieb es mir besonders in Erinnerung. Ich mag an Tauschpartys, dass man teilt. Alte, aber noch schöne und ehemalige Lieblingsstücke bekommen ein neues Zuhause und werden noch einmal genutzt und hoffentlich auch geliebt. Auch das ist gleichzeitig nachhaltiger, als einfach Gutes wegzuwerfen, um Neues, angeblich Schöneres zu kaufen. Viele meiner Flohmarkt- und Tauscherrungenschaften sind zu meinen Liebsten geworden.
3. Autor 2019
Aline: Da sind wir ja auch schon beim Thema: Bücher. Welche Autorin ist dir in 2019 das erste Mal begegnet und hat dich sichtlich beeindruckt?
Da würde ich eine Autorin nehmen wollen, von der ich zu Beginn des letzten Jahres ihre Biographie las: Lisa Brennan-Jobs, Steve Jobs‘ Tochter. Er verleugnete sie lange Jahre, sie aber lechzte stets nach seiner Liebe und Anerkennung. Besonders gefiel mir an ihrer Biographie „Beifang“, dass je nach Lebensabschnitt sich nicht nur ihre Denkweise veränderte, sondern sich dies auch jeweils in ihrer Schreibweise widerspiegelte. Die Autorin schaffte es, dass ich mitfühlte, mitkämpfte, wenn es darum ging, sich von ihrem Vater zu emanzipieren. Es ist eine beeindruckend geschriebene Biographie von einer Frau, deren Stärke und Kraft ich nicht erwartet hatte. Man tut ihr unrecht, wenn man sie nur als Tochter der IT-Legende sieht, sondern sollte sie als beachtenswerte Journalistin und Autorin anerkennen.
Luise: Wie ist es denn bei dir Aline, konnte dir eine Autorin sichtlich im Gedächtnis bleiben?
Ich habe in diesem Jahr auch Biographien für mich entdeckt und da haben mich zwei Autorinnen ganz besonders beeindruckt. Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche von beiden mehr, daher empfehle ich einfach beide Biographien. Sie handeln von zwei starken Frauen, die in ihrer Zeit und für mich das Weltgeschehen ganzheitlich geprägt haben. Ich spreche von der Biografie von Michele Obama „Becoming“ und Marina Abramovic mit „Walk through walls“. Zu Michele Obama muss ich vermutlich nicht so viele Worte verlieren. Als ehemalige First Lady der USA ist sie vielen bekannt. Und dennoch hat das Buch noch einmal einen Blick auf eine Frau gewährt, die viel mehr ist als „nur“ die First Lady der USA. Marina Abramovic ist eine serbische Performance-Künstlerin, die in ihrer Biografie über ihre Kindheit und Jugend in Serbien berichtet und wie sie später zu der außerordentlichen Künstlerin wurde, die sie noch immer ist. So ist sie unter anderem mit ihrem damaligen Freund die Chinesische Mauer zu Fuß abgelaufen, nur um sich am Ende, als die beiden sich wieder begegnet sind, von einander zu trennen. Wie es dazu gekommen ist und noch von vielen anderen Hintergründen und Einblicken in die Kunstszene berichtet sie in ihrer Biografie.
4. Liebste Bücher 2019
Aline: Abgesehen von den Autorinen, die dich in 2019 überrascht haben, hast du denn auch ein konkretes Lieblingsbuch in dem Jahr gehabt?
Mir fiel es ehrlich gesagt dieses Jahr etwas schwerer, DAS eine Lieblingsbuch ausfindig zu machen, sodass ich eine Weile überlegen musste. Gerade in der zweiten Jahreshälfte hatte ich eine lange Phase, in der ich kaum las. Kaum etwas konnte mich überzeugen oder inhaltlich oder sprachlich so packen, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen mochte. In der Zeit war ich dir sehr dankbar, dass du mich mit Rezensionen unterstützt hast und mich auch dazu inspirieren konntest, das eine oder andere Buch doch zu lesen.
Dennoch: Sarah Kuttner gelingt es mit„Kurt“, ein scheinbar tabuisiertes Thema aufzugreifen und es mit ihrem leichten Schreibstil, aber auch mit viel Emotionen aufzugreifen: Der Tod eines Kindes und dieses Ereignis aus der Perspektive einer Frau zu vermitteln, die nicht selbst die Mutter, sondern „nur“ die Freundin des Vaters ist. Sarah Kuttner beschäftigt sich also mit einem weiteren tabuisierten Thema: Wie viel darf ich als vermeintlich Außenstehender trauern und welchen Regeln unterliegen Patchwork-Familien, vor allem wenn es um Gefühle geht?
Außerdem würde ich tatsächlich noch das Buch nennen, das meiner Meinung nach verdient den Deutschen Buchpreis bekommen hat: „Herkunft“ von Sascha Stanišić. Es ist ein autobiographischer Roman über die Frage nach der Heimat, was der Begriff alles bedeuten und mit einschließen kann. Gibt es die eine Heimat, die zudem immer gleichbedeutend mit dem Geburtsort sein muss? Ist diese Definition nicht längst überholt? Der Autor beweist, dass Heimat und Herkunft viel mehr als ein Ort in der Vergangenheit sind. Außerdem entfachte er mit seiner Dankesrede zum Deutschen Buchpreis in Frankfurt die wichtige Diskussion in Bezug auf Literaturnobelpreisträger 2019 Peter Handke darüber, ob Preise der Literatur nur das Werk an sich beurteilen sollten, oder ob ein Autor stets auch im Zusammenhang mit seiner politischen Denkweise und zu seinen Stellungnahmen in der Öffentlichkeit betrachtet werden sollte.
Luise: Und könntest du auch ein oder zwei Bücher bestimmen, die deine liebsten waren oder dich sichtlich geprägt haben?
Verrückt, dass du das Thema mit der Leseflaute ansprichst, da ich ohne deine Flaute wohl nicht das Buch entdeckt hätte, welches ich zu meinen Favoriten in 2019 wählen würde. Ich möchte noch nicht zu viel vorwegnehmen, da wir ja noch eine gemeinsame Rezension veröffentlichen wollen, aber „Der Sprung“ von Simone Lappert, das du mir geliehen hast, hat mir wirklich überraschend gut gefallen.
5. Flop 2019
Aline: Fällt dir auch ein Buch ein, was dich nicht so überzeugen konnte?
Leider ja. Es ist ein Buch, auf das ich lange wartete und darauf hingefiebert habe. Die Fortsetzung eines der wichtigsten Klassiker, vor allem im Bereich Dystopie, dem „Report der Magd“. „Die Zeuginnen“ ist zwar spannend und eine Handlung löst blitzschnell eine andere ab. Ich würde es nicht direkt als „Flop“ bezeichnen, aber sprachlich, stilistisch und auch in Hinblick auf die Brisanz des Inhalts konnte die Fortsetzung nicht mit dem ersten Band mithalten. Es scheint mit der heißen Nadel gestrickt worden zu sein, um auf den Hype der Serie „The Handmaid’s Tale“ zu reagieren. Doch genau dieser Versuch wird sichtbar. Die für mich langersehnte Fortsetzung konnte meinen Erwartungen leider nicht nachkommen.
Luise: Hast du ein Buch, welches deine Erwartungen nicht erfüllen konnte?
Ich versuche ja immer, mich möglichst ohne große Erwartungshaltung in ein Buch einzulesen, aber bei einem Buch ist mir das 2019 nicht so gut geglückt. Denn tatsächlich steht in meinem Regal immer noch Zsuzsa Bank’s Roman „Schlafen werden wir später“. Anhand der Beschreibung war ich sehr gespannt auf das Buch, jedoch habe ich bisher den Einstieg nicht schaffen können. Nach den ersten 10 Seiten habe ich es zur Seite gelegt und nun wartet es auf seine 2. Chance. Ich würde es daher nicht als Flop bezeichnen, sondern eher, dass der Moment für uns beide ungünstig war.
6. Größte Herausforderung und neues Wagnis
Luise: Mich würde abseits von Büchern noch für 2019 interessieren, ob du für dich persönlich eine große Herausforderung bewältigen musstest oder etwas Neues gewagt hast?
2019 ging für mich mit einer meiner bis dato größten Herausforderungen los. Mit gepacktem Rucksack und voller Abenteuerlust bin ich für drei Monate Deutschland und meinem Alltag entflohen. Silvester ‚von 2018 zu 2019 habe ich in Melbourne verbringen dürfen, bevor es dann für einen Monat nach Bali ging, wo ich eine Yoga-Lehrer Ausbildung gemacht habe. Anschließend bin ich durch Tasmanien, Fiji und Neuseeland gereist. Zwar bin ich schon öfters alleine vereist, jedoch nie so lange und so weit weg von zu Hause. Die Eindrücke, Erlebnisse und Herausforderungen (z.B.: Trampen, die Cloudbreak surfen und Autofahren bei Linksverkehr) will ich nie wieder missen und bin, auch ein Jahr später, sehr dankbar diesen Schritt gewagt zu haben.
Aline: Was würdest du denn als deine größte persönliche Herausforderung für 2019 bezeichnen?
An Silvester von 2018 zu 2019 beschloss ich spontan mit einer Freundin, einen gemeinsamen Vorsatz zu beschließen bzw. uns ein gemeinsames Ziel zu setzen: bei einem Poetry Slam mit eigenen Texten aufzutreten. Schon länger schrieb ich an Texten und hatte für Freunde im privaten Rahmen bei einer Hochzeit oder Geburtstagsfeier bereits Zeilen verlesen. Aber mir fehlte der Mut, einen Schritt weiterzugehen. Dieses spontane Versprechen zum Jahreswechsel führte nun aber dazu, dass ich umdenken wollte. Nun wollte ich gern einmal über meinen Schatten springen. Und genau das habe ich gewagt. Ich habe tatsächlich an einem Poetry-Slam-Contest teilgenommen! Und nun würde ich es wieder tun…
Und so ist es die perfekte Überleitung für unsere Fortsetzung: Ein Vorausblick auf unser gemeinsames Blogjahr 2020 als aufgeblättert-Team folgt.