Mein Messebericht zur Leipziger Buchmesse 2017
Es ist der Sonderzug nach Leipzig-Messe
Donnerstag, 23. März: Die Leipziger Buchmesse (LBM) öffnet das erste Mal ihre Pforten für dieses Jahr. Damit ich pünktlich um 10 Uhr zur Eröffnung da bin und den ganzen Tag dafür Zeit habe, in Ruhe auf der Messe zu stöbern, fahre ich für meine Verhältnisse sehr früh nach Leipzig. Es ist der Sonderzug nach Leipzig-Messe, der sich sofort gut zu füllen scheint. Er hat übrigens tatsächlich die Qualitäten eines Sonderzuges wie zu Zeiten des „Sonderzug(s) nach Pankow“. Na gut, der Vergleich ist womöglich etwas übertrieben, aber aus den 90er Jahren scheint er wohl doch zu sein. Ich will mich jedoch nicht beschweren, da ich so entspannt und schnell mit dem IC zur Leipziger Messe fahren kann, ohne am Hauptbahnhof in eine S-Bahn umsteigen zu müssen. 10 vor 10: Die Messe hat noch nicht einmal geöffnet, da strömen schon Menschenmengen vom Bahnhof zum Gelände. Sichtlich überwältigt von den vielen Buchliebhabern folge ich ihnen zum Messegelände.
Erste Hürden
Angekommen und das ganz aufgeregt, werden mir jedoch schon die erste Hürden gestellt. In der heutigen vernetzten digitalen Welt nahm ich selbstverständlich an, dass mein Ticket via Handy an den Drehkreuzen eingescannt werden könne. Alle anderen Besucher haben fleißig ihre Online-Tickets auf Papier. Die Einlass-Mitarbeiter scheinen damit überfordert. „Oh das weiß ich nicht, ob das funktioniert, das musst du ausprobieren“. In Ordnung, also probiere ich aus und bin sichtlich zufrieden, als das grüne Licht leuchtet und ich damit scheinbar auch die Einzige bin, die den Drehkreuzen eine gewisse Moderne zutraut. Hürde Nummer 2 lässt allerdings nicht lange auf sich warten: Weder meine mobilen Daten, noch W-LAN an den ausgeschriebenen Stellen wollen funktionieren. Dabei habe ich mir eigentlich fest vorgenommen, live zu twittern und euch auch über Instagram und Facebook auf dem Laufenden zu halten. Demzufolge knipse ich dann doch einfach fleißig Fotos und behalte meine Erlebnisse im Kopf, um sie euch als kleine Erinnerungen präsentieren zu können. Hürde Nummer 3: Ich schaue mich am Eingang und in der ersten Halle um und suche verzweifelt nach Programmheften. Die Mess-Hostessen haben leider keine Ahnung, was ein Kritikpunkt meinerseits wäre. Die Messe ist zwar riesig, sodass ich nachvollziehen kann, dass jeder vor allem von seinem Bereich Bescheid wissen muss. Jedoch hätte ich es schon schön gefunden, wenn sie grundlegende Fragen zu Informationsbroschüren und -ständen in ihren zuständigen Hallen als MitarbeiterInnen beantworten hätten können.
Meine Highlights
Doch diese kleinen Herausforderungen tun meiner Grundeuphorie für die Buchmesse keinen Abbruch. Dann doch mit einem Programm in Petto bahne ich meine Wege durch die vier Hallen. All die Stände der Verlage gefüllt mit Büchern und Informationsmaterial, aber auch die Fernsehsendungen zu Literaturbesprechungen oder Magazine sind für mich das Paradies. Ich versuche soviel wie möglich stehen zu bleiben und an Eindrücken mitzunehmen. Gerade die Stände der Verlage für Kinder- und Jugendbücher begeistern mich aufgrund ihrer Liebe zum Detail in der Präsentation ihrer Bücher und Dekoration.
In jeder Halle werden zwischen den Ständen Lesungen gehalten. Informationen zu Zeit und Ort findet man zu den jeweiligen Lesungen sowohl im Programm als auch an Bildschirmen direkt an den Leseecken.
Als meine persönlichen Highlights kann ich die folgenden zwei Lesungen benennen – zum einen die von Horst Evers zu seinem neuen Buch „Der Kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex“, zum anderen die von Melanie Amann zu ihrem Sachbuch “ Angst für Deutschland“.
Horst Evers ist witzig und beherrscht professionell die Kunst der Situationskomik. Die Textpassagen in seinem Buch liest er so lebhaft, dass man sie direkt mitzuerleben scheint und mitlachen muss. Zudem lese ich das Buch sogar gerade, weshalb ich mich umso mehr über den Umstand ärgern könnte, dass ich es auf der Messe nicht parat habe. Bei der Signierstunde danach zücke ich also zur Improvisation mein Notizbuch, um Horst Evers darin signieren zu lassen. „Möchtest du etwas bestimmtes geschrieben haben? „. “ Hm, wie wäre es mit dem Kategorischen Imperativ?“ . Er schmunzelt und wirkt gleichzeitig etwas überrascht von meiner speziellen Idee. Als ehemalige Studentin der Philosophie kommt mir das irgendwie direkt in den Sinn. Er kann ihn zwar natürlich auswendig: “ Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie ein einmaliges Gesetz werde.“ Die A5-Seite schreibt er jedoch bei dem langen Satz schnell voll, was zur Folge hat, dass auch das Aufschreiben etwas Zeit in Anspruch nimmt. Die anderen Besucher warten also schon etwas ungeduldig. Mein Wunsch dauert nun doch ein paar Sekunden mehr als ein Vorname, was bei einem begrenzten Zeitraffer von 10 Minuten sich nahezu wie Stunden anfühlt, auch für mich mit genervten Blicken im Rücken.
Die zweite Lesung von Melanie Amann zu ihrem Buch stellt sich inhaltlich als Kontrast zu der von Horst Evers dar. Während er den Humor des Alltags festhält, ist die Diskussion über „Angst für Deutschland“ ernsthaft und das Thema hochbrisant. Melanie Amann untersucht Hintergründe, Entstehung und Motive der AfD – Angst für Deutschland. Sie stellt ihre gründliche Recherche unter Beweis, womit sich ein differenziertes Interview mit dem Moderator ergibt und das Phänomen AfD und die Gründe für die Beliebtheit der Partei analysiert werden. Dieses Buch habe ich unbedingt noch vor zu lesen und sollte gerade vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017 eine interessante Lektüre sein.
Politisches Statement
Bemerkenswert finde ich, dass die Buchmesse sich traut politisch zu werden. Auf Plakaten und auch auf einer Treppe steht in großen Lettern als Hashtag geschrieben : „#FreeTheWords – Für das Wort und die Freiheit.“ Die Dokumentationen und Interviews sowie auch Sachbücher für Erwachsene und Kinder drehen sich fokussiert um die Themen Freiheit, Zukunft für Europa und Integration.
Presse- und Meinungsfreiheit sind wesentliche Menschenrechte. In Deutschland können wir uns glücklich schätzen, diese weitestgehend in vollem Umfang nutzen zu können. Doch in vielen Ländern sieht die Situation der Presse und für die Journalisten weitaus gefährlicher aus wie zum Beispiel im Moment für den sich in Haft befindenden Welt/N24-Türkei-Korrespondenten Deniz Yücel. Deshalb schätze ich das Statement der Buchmesse.
Fazit
Dieses Mal war ich privat vor Ort, da ich einerseits nur einen Tag die Messe besuchen konnte und andererseits gerade erst meinen Blog zu einem Buchblog verwandelt habe. Im Buchblogger-Netzwerk bin ich daher noch ganz neu. Doch freue ich mich schon, mal beruflich eine Buchmesse besuchen zu können, um dann vielleicht auch Interviews mit Autoren oder Verlegern machen, Blogger-Events besuchen und kostenlose Bücher als Messeexemplare mitnehmen zu können.
Nach so einer Buchmesse, wie auch von anderen Buchbloggern festgestellt, zum Beispiel: Who is Kafka und Literatouristin leidet man danach an „Messeblues“. Für mich kommt dazu, dass ich nur donnerstags gehen konnte und so die nächsten drei Tage die Messe über Twitter-Accounts anderer Buchblogger verfolgt habe, um einigermaßen über diesen Blues hinwegzukommen. Auch heute stellt sich ein gewisser #throwbackthursday bei mir ein. So heißt ein beliebter Hashtag in den Social-Media, mit dem man Erinnerungen schwelgen kann, sobald sich der Wochen-Alltags-Blues einstellt und bekämpft werden soll.
Es sind jedoch viele tolle Eindrücke und Inspirationen, die ich von der Leipziger Buchmesse direkt mitnehmen konnte. Ich muss zwar sagen, dass es natürlich immer Spaß macht, mit anderen zusammen solche Events zu besuchen, doch da ich allein gefahren bin, hatte ich gefühlt an den Ständen alle Zeit der Welt und konnte Lesungen zuhören. Das ZDF ermöglichte mir dann sogar noch mein persönliches Erinnerungsfoto mit einer Fotobox. Selfies sehen ja leider doch seltener professionell aus. Im Hintergrund stand: „Wir lieben Bücher“, für meine Begriffe DAS perfekte Statement für Buchliebhaber auf einer Messe. #lbm17
Gegen den Messeblues und für Zuhausegebliebene:
Website der Leipziger Buchmesse
Book Walk: Leipziger Buchmesse Vlog&Impressionen
Who is Kafka: Messewahnsinn Reloaded: Die ‚LBM17 (siehe oben)
Literatouristin: Krankheitsbild Messeblues (siehe oben)
Wenn du beim nächsten Mal als Bloggerin kommst und dich akkreditieren lässt, werden sich deine drei Hindernisse in Wohlgefallen auflösen. Du bekommst dein Ticket ausgedruckt nach Hause geschickt. Du bekommst WLAN-Zugriff für die Presse, auch wenn du an einigen Stellen keinen Empfang hast, besser als das allgemeine WLAN, das bei mir auch nie funktioniert hat. Und du bekommst im Pressezentrum ein kostenloses Programmheft. Das hab ich allerdings sonst auch an der Kasse bekommen.
Viel Spaß beim nächsten Mal!
LG,
Mona
Genau deshalb habe ich mir fest vorgenommen bei der Frankfurter Buchmesse mir mehr Zeit zu nehmen und mich als Blogger akreditieren zu lassen! Dann sehen wir uns ja vielleicht da :-). Liebe Grüße Luise