Rezension zu: In 60 Buchhandlungen durch Europa von Torsten Woywod (2016) (Eden Verlag)
Bücher sind mein Hobby. Derzeit arbeite ich in einer Buchhandlung. Darüber hinaus habe ich das Gefühl, noch viel zu wenig von unserer schönen Welt gesehen zu haben. Entsprechend war ich von der Idee angetan, Europa mal auf eine andere Art kennen zu lernen und besondere Buchhandlungen verschiedener Länder zu entdecken – als Lesereise. Anfangs dachte ich, dass ich das Buch eher wie einen Reiseführer nutzen würde. Immer dann, wenn ich ein bestimmtes Land bereisen möchte, würde ich das Buch zur Hand nehmen und auch sehenswerte Buchhandlungen raussuchen. Doch als ich einfach mal neugierig das Buch durchblättern wollte, nahm es mich direkt mit von Buchhandlung zu Buchhandlung. In den Niederlanden angekommen und den ersten Buchladen in einer alten Kirche durchstöbert, wollte ich all die schönen Buchhandlungen Europas gedanklich bereisen und konnte das Buch nicht mehr weglegen…
Inhalt
Torsten Woywod, ein Buchhändler aus Aachen, unternimmt ganz gezielt eine Reise, auf der er mehrere Wochen Buchhandlungen Europas besucht. So beginnt das Bücherabenteuer in den Niederlanden, geht weiter nach England über Belgien, Frankreich mit Zwischenstopp in Spanien und Portugal, zurück über Frankreich nach Italien. Dieser geplante Teil der Reise schien so gut organisiert, dass Woywod kurzerhand mit noch etwas Puffer die Reise fortführt nach Österreich, Slowakei, Ungarn und Rumänien, bis hin zum letzten Stop nach Griechenland. Aufgrund der Spontanität ist der Reisende bei diesen Stationen auf die Hilfe seiner Facebook-Community angewiesen. Dort hat sich das Projekt bereits herumgesprochen, sodass Geheimtipps nicht lang auf sich warten.
Es ist eine erlesene Auswahl an Buchhandlungen, die der Buchhändler bereist. Sie sind an außergewöhnlichen Orten angesiedelt, verfolgen ein spezielles Konzept oder bringen sehr viel Traditionen mit sich. Um nur einige wenige Buchhandlungen zu nennen: In den Niederlanden kann man gleich zwei Buchhandlungen in Kirchen bestaunen, zum einen die „Boekhandel Dominicanen“, zum anderen in einem kleineren Ort names Zwolle die „Wanders in de Broeren“. In England sind die Buchhandlungen nahezu antik. Die Buchhandlung „Hatchards“ in London beliefert sogar das Königshaus persönlich. In Brüssel hängen Bücher an der Decke im „Cook and Book“. In Frankreich gehören die Buchhändler an der Seine in Paris, „die Bouquinisten“ zum UNESCO- Weltkulturerbe. In Lissabon befindet sich die älteste Buchhandlung, die noch in Betrieb ist, die „Livraria Betrand“. Die Buchhandlung „Livraria Lello E Irmao“ in Porto wurde vom Guardian zu einer der schönsten Buchhandlungen der Welt gekürt und zieht Besucher magnetisch an. Deshalb muss man mittlerweile auch Eintritt zahlen, was aber mit dem Kauf eines Buches verrechnet wird. Viele der besuchten Buchhandlungen sind klein und privat und bis unter die Decke mit Büchern gefüllt. Die Liebe zum Detail geht in diesen Läden trotzdem nicht verloren. In Wien hat ein Pärchen spontan bei einer Versteigerung einer Buchhandlung mitgemacht und den Zuschlag bekommen. Von einem auf den anderen Moment haben sie ihr Leben umgekrämpelt und einen kleinen Buchladen erfolgreich aufgebaut. Die Buchhändlerin hat darüber sogar ein Buch geschrieben (siehe Quellen).
Kritik
Da Woywod die Buchhandlungen, entgegen meiner ursprünglichen Annahme, nicht über mehrere Urlaube hinweg aufsucht, sondern im Zuge einer einzigen Reise, liest sich auch das Buch weniger wie ein Reiseführer. Woywod gelingt es mit detailreichen, illustrativen Beschreibungen in seinem Reisebericht, einem das Gefühl zu geben, bei der Reise dabei zu sein. Man scheint direkt in den Buchhandlungen zu stehen. Man hat ein inneres Bild vor Augen, aber auch Fotos, die er in vielen Buchhandlungen machen durfte, geben einen vielversprechenden Einblick in die Buchhandlungen.
Zu Beginn war ich dennoch etwas enttäuscht, dass keine Buchhandlungen in Deutschland in dem Buch vorkommen. Doch es ist nun mal eine Reise, was heißt, andere Länder mit ihren Buchläden zu entdecken. Diese beschreibt Woywod so lebhaft mit all den Besonderheiten und Spezialisierungen – auch die Buchhändler, die mit Leidenschaft bei ihrer Arbeit sind. Sie nehmen einen begeisternd mit. Alle sind begeistert von der außergewöhnlichen Reise, ich eingeschlossen. So kann man auch über das kleine Makel der fehlenden deutschen Buchhandlungen im Buch hinweg sehen. Zudem beschreibt Woywod nicht nur die Buchhandlungen, sondern lässt einen auch an seinen Reiseerfahrungen mit dem Zug und an seinen Eindrücken von den Ländern lebhaft teilhaben.
Fazit
Eine bessere Lektüre als Weihnachtsgeschenk zum Träumen in die weite Welt konnte man mir kaum machen. Die Thematik des Buches ist sicher speziellerer Natur und nicht unbedingt etwas für jeden. Dennoch kann ich es nicht nur den Buchhändlern, Verlegern oder Buchbloggern unter euch empfehlen, sondern jeder reiselustigen Leseratte. „Bookshops are time machines, spaceshops, story-makers, secret-keepers, dragon-tamers, dream-catchers, fact-finders & safe-places“, heißt es im Bookshop Book von Jen Campell, welches der Autor im „Waterstones Piccadily“ durchblättert. Buchhandlungen seien Zeitmaschinen, Traumfänger, bewahren Geheimnisse und schreiben Geschichten. Besser könnte man den Charakter von Buchhandlungen und so irgendwie auch die Reise von Torsten Woywod in die Labyrinthen der Buchwelt Europas nicht beschreiben.
Auch spannend:
Für die Bücherliebhaber unter euch:
Bücher über Bücher:
Das Papierhaus von Carlos María Domínguez – Meine Rezension: Ein Haus aus Büchern (2014)
Meine wundervolle Buchhandlung von Petra Hartlieb (2014) – Buchempfehlung aus dem Text
111 Gründe Bücher zu lieben von Stefan Müller (2014)
Die Bücherdiebin von Markus Zusak (2005)
Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers (2004)
Im Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón (2003)
Ein interessanter Bericht. Ich hätte mir das auch eher wie einen Reiseführer vorgestellt. Aber wenn das eben nicht so ist, dann kann man sich sowas ja selber mal überlegen. Wir haben in unserem Blog auch schon überlegt interessante Buchhandlungen vorzustellen.
Es ist witzig, dass jemand so gerne in Buchhandlungen geht, dass er nur deshalb seine Sachen packt und verreist 🙂
Ja macht das mal, gerade in Deutschland, gibt es auch so viele schöne, die viel bekannter sein könnten. Die kommen im Buch ja auch nicht so vor. 😉 Die Idee von Buchhandlungenbesuchen als Reise fand ich auch genial. Er ist sogar Buchhändler, da hatte er bestimmt auch deshalb Interesse daran, andere Buchläden genauer kennen zu lernen. Am besten du liest es mal! Liebe Grüße
Ein interessanter Bericht. Ich hätte mir das auch eher wie einen Reiseführer vorgestellt. Aber wenn das eben nicht so ist, dann kann man sich sowas ja selber mal überlegen. Wir haben in unserem Blog auch schon überlegt interessante Buchhandlungen vorzustellen.
Es ist witzig, dass jemand so gerne in Buchhandlungen geht, dass er nur deshalb seine Sachen packt und verreist ?