Eine Reise nach Malaysia – Rezension „Nachttiger“ von Yangsze Choo

Lust auf eine kurze Reise? Lust dem Winter zu entfliehen und schon einmal ein bisschen vom Sommer zu träumen? Wer möchte das nicht, an dem ein oder anderen Tag und insbesondere, wenn das Grau in Grau des Winter-Himmels einfach nicht verschwinden mag. Zumindest bei mir wird der Drang dann immer stärker, zu verschwinden, an einen Strand mit türkisblauem Wasser und vielen Palmen. Da das nun aber nicht immer so schnell und einfach geht, wie ich mir das vorstelle, kann ich mich zumindest in die Welt der Bücher flüchten und ein bisschen von der Südsee träumen. Das Buch welches ich heute vorstellen möchte, hat genau das zu bieten und ist zudem angereichert mit einer Prise Geschichte, so das es uns nach Britisch-Malaya in die 1930er Jahre entführt.

„Nachttiger“ von Yangsze Choo erschien im Oktober 2019 im Wunderraum Verlag, Berlin

Link zur Verlagsseite

Eins vorne weg: Ich habe das Buch als E-Book und auf Englisch gelesen, wo es bereits im Februar 2019 bei Flatiron Books mit dem Titel „The Night Tiger“ (Link zur Verlagsseite) veröffentlicht wurde. Meine Rezension schreibe ich dennoch auf Deutsch, sollte es aber inhaltliche Abweichungen zwischen der deutschen und der englischen Version geben, zum Beispiel aufgrund der Übersetzung, könnte dies unter Umständen Einfluss auf meine Rezension ausüben.

Inhalt

Der 11-Jährige Diener Ren verspricht seinem Herren an dessen Sterbebett ihm einen letzten Wunsch zu erfüllen. Dem britischen Arzt, bei dem er angestellt ist, wurde ein Finger amputiert, den es nun gilt wieder zu finden, um seiner Seele Frieden zu geben. Diese würde ansonsten unheilvoll und ruhelos auf Erden umherwandern. Ren hat für seine Mission 49 Tage Zeit und begegnet dabei der Tänzerin Jil Lin, die ungewollt in den Fall verwickelt wird. Beide müssen sich verschiedenen Unwegsamkeiten stellen, sich selbst und Ihre Familien vor Gefahren schützen und werden mit mysteriösen Todesfällen konfrontiert die einem ruhelosen Tiger zugeordnet werden. Umrahmt wird die Geschichte von allerlei Aberglauben, einer Liebesgeschichte und gibt Einblicke in die Lebensweise des Britisch-Malaya 1930.

Kritik

Ein bisschen Aberglauben, ein bisschen Historie und ein bisschen Liebesgeschichte, so würde ich die Grundidee des Romans kurz zusammenfassend beschreiben. Somit waren meine Erwartungen anhand der Beschreibung hoch und ich wollte mich direkt von der Geschichte begeistern lassen. Jedoch habe ich mich am Anfang ein wenig schwer getan und bin nicht so gut, wie erhofft, in die Erzählung hinein gekommen. Das lag vor allem daran, dass ich das Gefühl hatte, dass die Geschichte nur sehr schwer in Gang gekommen ist und sich eher (zu) langsam aufgebaut hat. Sicherlich ist es wichtig, die Hintergründe der beiden Hauptakteure Ren und Jil Lin zu erzählen und deren Charaktere aufzubauen, jedoch hätte dies etwas kürzer gefasst werden können. Ab der Hälfte konnte ich das Buch dann aber nicht mehr aus der Hand legen, zu spannend ist es geworden. Die Geschichte hat auf einmal an Fahrt aufgenommen, Ereignisse überschlagen sich und neue Akteure tauchen auf. Ob es nun der Aberglauben der Kulturen, ein wenig von Konfuzius Weisheiten oder vielleicht doch der Einblick in die Lebensweise der Briten in einem für sie fernen Land waren? – Vermutlich eine Kombination aus all den Faktoren, aber das, was ich mir von dem Buch erwartet habe, ist schlussendlich in der letzten Hälfte erst richtig zum Tragen gekommen. Schlussendlich hat die Liebesgeschichte zum Ende hin für mich zu viel Raum erhalten, wodurch der Aberglauben leider Platz abgeben musste.

Strand am anderen Ende der Welt - Nachttiger
Einmal Strand und zurück bitte – in dem Fall aber Indonesien und nicht Malaysia (leider)

Fazit

Schlussendlich ist immer die Frage, mit welcher Erwartungshaltung man an ein Buch herangeht. Betrachtet man das Cover der englischen Ausgabe und liest in die Kurzbeschreibung rein, habe ich einen Roman erwartet, der mir mehr von dem Aberglauben einer längst vergangenen Zeit erzählt. Das deutsche Buchcover passt meiner Meinung nach noch etwas besser zu der eigentlichen Geschichte, die schön ist und ein rundherum gutes Gefühl zurücklässt, aber mich hinsichtlich meiner Erwartungshaltung nicht ganz ausgefüllt hat. Dann muss ich jetzt wohl doch mal auf die Malaiischen Halbinsel reisen und mich in die Kultur und deren Aberglauben entführen lassen, denn auch wenn mittlerweile Jahre vergangen sind, ein bisschen davon wird die Bevölkerung sich sicherlich bewahrt haben.

*Die Definition trifft es am besten auf den Punkt, auch wenn es Wikipedia ist:
Mit dem Begriff British Malaya, deutsch häufig auch Britisch-Malaya, wird ein Gebiet mit britischen kolonialen Besitzungen bezeichnet, die sich unter anderem auf der Malaiischen Halbinsel einschließlich der Insel Singapur und der vorgelagerten Inselgruppen befanden und ab dem 18. Jahrhundert nach und nach dem britischen Kolonialreich angegliedert wurden. Die Bezeichnung British Malaya wurde nach der Unabhängigkeit 1957 obsolet. Quelle: wikipedia.de

Bilderquellen: die Cover entstammen den jeweiligen Verlagsseiten, bei der Strandaufnahme handelt es sich um eine private Aufnahme.*

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