Reale Dystopie: Rezension zu „Stern des Nordens“ von D.B. John

Ein Polit-Thriller über Nordkorea, erschienen beim Rowohlt Verlag, Oktober 2018

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Nordkorea, nur vage wissen wir etwas über die genauen politischen, gesellschaftlichen Verhältnisse dieses Staates. Er erhielt wieder mehr Medienpräsenz, als der nordkoreanische Staatschef Kim-Jong un mit US-Präsident Donald Trump zu einem ersten Gespräch zusammenkam. Auf einem Gipfeltreffen mit der Regierung Südkoreas wurde über eine mögliche atomare Abrüstung gesprochen sowie sich für eine Bewerbung als gemeinsamer Austragungsort der olympischen Spiele 2032 ausgesprochen. Auf internationaler Ebene erhoffte man sich wie bereits häufiger in der Vergangenheit, dass diese Impulse einen ersten Schritt für den Frieden bedeuten, doch der Status Quo bleibt vorerst bestehen. D.B. Johns „Stern des Nordens“ bringt uns eine Welt näher, die so fern wirkt. Der Politthriller liest sich wie eine Dystopie. Die erschreckende Erkenntnis jedoch dabei ist, dass der Geschichte reale Erfahrungsberichte zu Grunde liegen. Sie ist gar nicht so irreal, wie sie vorerst scheint.

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„Stern des Nordens“ von D.B. John, für mich eines der besten Bücher 2018

Inhalt

CIA Agentin Jenna Williams wird als Länderreferentin und Halbkoreanerin auf eine Geheimmission nach Nordkorea geschickt. Ihre persönliche Motivation ist es, die Wahrheit über ihre Zwillingsschwester herauszufinden, die vor Jahren plötzlich bei einem Auslandsaufenthalt in Südkorea verschwand. Die Behörden erklärten sie für tot, ertrunken im Meer, aufgrund fehlender Spuren. Immer mehr Hinweise deuten allerdings darauf hin, dass es doch noch eine Chance geben könnte, dass Soo-Min überlebt hat. Nur was ist mit ihr passiert? Ist sie Opfer einer Mission des nordkoreanischen Regimes geworden?

Bäuerin Moon will nur eines: Überleben und weniger Hunger leiden. Sie findet ein Hilfspaket aus dem Ausland und verkauft es auf dem Schwarzmarkt an der Grenze zu China. Der Gewinn in Yuangs ist goldwert. Sie eröffnet dauerhaft einen Stand und verkauft den besten Reiskuchen der Gegend. Den Respekt der Marktfrauen soll sie gewinnen, als sie eine Kollegin vor der Polizei deckt und ihr damit das Leben rettet. Direkt an der Grenze werden die Missstände noch deutlicher und erdrückender. Moon will nicht mehr stillstehen und erhebt ihre Stimme für den Widerstand, allerdings ohne Konsequenzen in einem Land, in dem Vollüberwachung an der Tagesordnung steht?

Parteifunkionär Cho soll zu einem der Vertrauten der Kim-Dynastie befördert werden. Jedoch muss die Führungsriege eine staatskonforme Linie über drei Generationen hinweg aufweisen. Er wurde von einer staatstreuen Familie adoptiert, Hintergründe zu seiner wahren Familie sind ihm nicht bekannt. Die Nachforschungen decken ungeahnte Geheimnisse auf, die ihn nicht nur seinen Posten kosten könnten, sondern auch bedeuten, dass er seine eigenen Eltern, Frau und Sohn für immer verliert. Als er zudem nach Amerika reisen darf und Jenna Williams kennen lernen soll, ahnt er nicht, wie diese Begegnung sein Weltbild erschüttern wird…

Kritik

Durch die unterschiedlichen Handlungsstränge, die mit der Zeit geschickt miteinander verwoben werden, taucht man in das unbekannte Nordkorea ein. Der Roman zeigt auf bedrückende, aber auch beeindruckende Weise die Abgründe des Regimes auf.

Der Autor hat längere Zeit in Südkorea gelebt und durfte als einer von wenigen Touristen aus dem „Westen“ Nordkorea bereisen. Er hat so Land und Leute kennen lernen dürfen und darüber hinaus eine umfangreiche Recherche für den Roman betrieben, was der Umfang an Quellennachweisen verdeutlicht. Im Anhang des Buches finden sich Anmerkungen darüber, welche Ereignisse tatsächlich auf Erfahrungsberichten beruhen. Ohne konkret ins Detail zu gehen, möchte ich dennoch anmerken, dass es erschütternd ist. Trotz der Fiktion bekommt man ein Bild von der Realität im Staate Nordkorea. Menschen hungern, werden gefoltert sowie menschenunwürdigen Experimenten unterzogen, politische Gefangene werden in Straflagern wie Sklaven gefangen gehalten. Viele der Nordkoreaner wissen nicht, was in ihrem Land geschieht, sondern dienen ihrem Führer bedingungslos. Sie kennen nur die Indoktrinierungen, was in dem Thriller unter anderem stellvertretend mit der Figur Cho abgebildet wird. Wer einmal die Dystopie (Anti-Utopie) 1984 von George Orwell gelesen hat, sollte auch dieses Buch lesen. Dystopien haben einen wahren Kern und zeigen, wenn auch zugespitzt, reale Züge auf. Wer Stern des Nordens liest, merkt, wie zugespitzt auch die Realität sein kann. Dystopien wirken dann gar nicht mehr so fiktiv, dieser Thriller im Übrigen genauso nicht.

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Der Politthriller eignet sich auch als Weihnachtsgeschenk!

Fazit

„Stern des Nordens“ hat mich nicht nur während des Leseprozesses beeindruckt, sondern auch nachhaltig sehr beschäftigt und persönlich so schnell nicht losgelassen. Dieses Buch gibt einem Aufschluss über Details, die das politische System und Informationen über die Stimmung in Nordkorea, zumindest zum kleinen Teil, abbilden. Zwar ist die Geschichte fiktiv und wie das Land wirklich tickt, kann wohl auch mit diesem Buch nicht nachgewiesen werden. Dennoch bin ich mir sicher, dass es einen sehr wahren Kern hat. Für mich zählt es zu den besten Romanen 2018. Ich kann ihn euch nur ans Herz legen – vor allem wenn ihr politisch interessiert seid oder gern Thriller lest, die aktuelle politische oder historische Hintergründe aufgreifen. Entsprechend eignet es sich auch wunderbar für solche Art von Lesern als Weihnachtsgeschenk.

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