Ein Roman über die Schuldfrage erschienen im Kindler Verlag, März 2018 (Hardcover)
Mit Filmen, Serien und Büchern entfliehen wir gern einmal der Realität und schlüpfen in andere Rollen und Leben. Eigene Drehbücher und Bücher schreiben? Das klingt für viele nach einem Traum. All die Katastrophen selbst erleben? Das wäre eher ein Worst-Case-Szenario, in dem wir glauben, im falschen Film zu sein. Katja, die Protagonistin von Catharina Junks neuem Roman befindet sich genau in solch einer Situation…
Inhalt
Katja ist Drehbuchautorin für eine Krimiserie im Vorabendprogramm, Ratko ist ihre Affäre beziehungsweise wollen sie ihrer Beziehung keinen Namen geben. Katjas Leben läuft eher so mittelmäßig, so richtig glücklich ist sie jedenfalls nicht. Als Drehbuchautorin steht sie unter hohem Druck. Außerdem hat sie ihrer Vergangenheit den Rücken zugekehrt und spricht kaum darüber, auch nicht über ihre Narben an ihren Armen. Sie wird nur noch ab und zu mit den Alpträumen über den Tod ihrer kleinen Schwester, als sie noch selbst ein Kind war, konfrontiert.
Ihre Drehbucharbeiten sieht Katja gern als Flucht aus ihrem eigenen Leben. So kann sie Liebe und Leben neu erfinden, erst recht als ihr die Chance für eine eigene Familienserie geboten wird. Doch dahingehend wird ihr schmerzlich bewusst, dass sie selbst alles andere als ein intaktes Familienleben kennt und die Katastrophen, die ihrer Protagonistin zustoßen gar nicht so weit von ihrem eigenen Leben scheinen. Als Katjas Vater durch einem Schlaganfall im Koma im Krankenhaus liegt und sie über ihr bis dahin unbekannte Familiengeheimnisse erfährt, begreift Katja, dass sie ihrem eigenen Drehbuch nicht mehr entkommen kann und sich ihrer Vergangenheit stellen muss…
Kritik
Besonders finde ich an dem Roman seinen Stil: Man fühlt sich in eine Fernsehserie versetzt, bei der man mit Cliffhangern dazu bewogen wird, dran zu bleiben. Anfangs ist man nahezu überwältigt, da eine Katastrophe nach der anderen auf Katja einzuprasseln scheinen. Jedoch fügt sich dieser Umstand dem Drehbuch-Konzept und die verschiedenen Handlungsstränge verbinden sich zu einer klaren Linie.
Bis zum Himmel und zurück ist eine sehr berührende Geschichte, die einen nicht so schnell mehr loslässt. Manchmal wirkt sie gerade zu beklemmend, allerdings im positiven Sinne, da sie einen zum Nachdenken anregt und nachwirkt. Das Thema Schuld und Verzeihen ziehen sich als rote Fäden durch den Roman. Man wird in die Gefühlswelt von Katja mitgenommen und begleitet sie auf dem Weg, sich mit ihren Schuldgefühlen auseinanderzusetzen.
Allerdings finde ich die Entscheidungen und Handlungen der Hauptfigur nicht immer ganz nachvollziehbar, da sie meiner Meinung manchmal naiv wirken und weniger zu ihrem taffen Charakter passen. Das Cover könnte dahingehend auch etwas in die irre führen, da es eine Leichtigkeit versprüht, die die Protagonistin selbst gar nicht aufweist, auch wenn man sie ihr wünschen würde. Ein nachdenklicher Blick oder nicht ganz so klarer blauer Himmel hätten der Stimmung des Buches für mich noch mehr Ausdruck verliehen. Aber wie heißt es bereits in dem Lied von Bo Diddley so schön? Don’t judge a book by looking at the cover.
Inhaltlich überzeugt das Buch nämlich dafür umso mehr. Mich hat die Geschichte persönlich direkt von Beginn an in einen Bann gezogen und erinnerte mich vom Schreibstil und vom Charakter der Protagonistin an 180 Grad Meer von Sarah Kuttner. Bis zum Himmel und zurück ist tiefgründig und gefühlvoll geschrieben, gleichzeitig aber auch humorvoll mit einer kleinen Portion Ironie in Bezug auf die Film- und Fernsehwelt versehen.
Fazit
Catharina Junk gelingt letztendlich eine unterhaltsame, empfindsame Lektüre, welche sich für jeden eignet, der es emotional erfrischend, aber auch mal ernsthaft und erschütternd mag. „Bis zum Himmel und zurück“ ist meine Empfehlung für eine Frühlingslektüre, mit der man wie mit einer Serie oder Film gern auch der eigenen Realität entfliehen kann.
Weiterführende Links
Auf der Leipziger Buchmesse, unter anderem bei dem Vorablesen Read and Greet mit Catharina Junk
Rezension zu 180 Grad Meer von Sarah Kuttner
Catharina Junks Debüt: Auf Null (2016)