Couchgeflüster: Schwarz-weiß, grau und sogar bunt: Romane und Erzählungen zum Thema Depressionen

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Depressionen scheinen noch immer ein Tabuthema in der heutigen Zeit zu sein und das obwohl sie zu einer Volkskrankheit zählen. In der Literatur findet das Thema immer häufiger Aufmerksamkeit. Erst letzte Woche hat Aline den Roman „Unter uns das Meer“ von Amity Gage vorgestellt, in dem das Thema Depression eine Rolle spielt. Wir haben mit „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“ von Jorge Bucay sogar mal einen Erzählband zum Thema als Geschenk empfohlen.

Was aber sind Depressionen eigentlich beziehungsweise wie definieren wir sie?

Die Definition der WHO: „Eine Depression ist eine weit verbreitete psychische Störung, die durch Traurigkeit, Interesselosigkeit und Verlust an Genussfähigkeit, Schuldgefühle und geringes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Konzentrationsschwächen gekennzeichnet sein kann. Sie kann über längere Zeit oder wiederkehrend auftreten und die Fähigkeit einer Person zu arbeiten, zu lernen oder einfach zu leben beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall kann eine Depression zum Suizid führen. Milde Formen können ohne Medikamente behandelt werden, mittlere bis schwere Fälle müssen jedoch medikamentös bzw. durch professionelle Gesprächstherapie behandelt werden.“ (Quelle)

Angststörungen und Depressionen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland und werden durch die Corona-Pandemie noch verstärkt. Daher haben wir uns vorgenommen, euch in diesem Couchgeflüster neben den beiden benannten, noch mehr empfehlenswerte Bücher vorzustellen, die das Thema Depression aufgreifen und jeweils die Krankheit in all ihren Facetten betrachten: um vielleicht auch ein wenig mit dem Tabu aufzuräumen.

„Die beste Depression der Welt“ von Helene Bockhorst (Aline)

Die Hamburgerin Helene Bockhorst schreibt in ihrem Debütroman über die Depression ihrer Protagonistin Vera. Vera war für eine sehr kurze Zeit berühmt, nachdem ihr Blogbeitrag über einen misslungenen Selbstmordversuch viral gegangen ist. Nun soll sie einen Ratgeber über den Umgang mit Depressionen schreiben. Neben der Abgabefrist kämpft sie mit ihrer Depression durch die sie Müde und Antriebslos in den Alltag hineinlebt. Die einzige Abwechslungen in ihrem Alltag sind ihre Freundin Pony und Kampffisch Karl. Durch diesen entdeckt sie ihre Leidenschaft für Aquaristik. Bald erkennt sie das Meditation alleine nicht helfen wird aus der Spirale auszubrechen und beginnt sich ihren eigenen Problemen und ihrer Familiengeschichte zu stellen. Dass die Autorin auch Stand-Up-Comedienne ist, kann man merkbar spüren und so führt uns Helene Bockhorst mit Humor und Tiefgang durch ein Thema, welches andere sich nicht trauen, auf dieser Art und Weise zu besprechen.

Link zur Verlagsseite, erschienen im März 2020 im Ullstein Verlag

Hierzu können wir außerdem folgende Folge von der lieben Tina und Anne ihres Podcasts Monatslese empfehlen. Neben Helene Bockhorsts Roman sprechen sie zudem über „Wenn das noch geht, kann es ja nicht so schlimm sein“ von Benjamin Maack, was sie ganz besonders empfehlen. Es handelt sich um die Innenansicht des Autors, als er eine starke Depression erlebt hat. Es ist literarisch und vor allem als Tagebuchform geschrieben. Auf unserer Leseliste steht es dank der beiden in jedem Fall auch noch.

„Super, und dir?“ von Kathrin Weßling (Luise)

In der Schule war Marlene eine Musterschülerin, nach ihrem Studium bekam sie eines der begehrten Volontariate in der Medienbranche. Sie ist schlank, hübsch und hat eine funktionierende Beziehung. Ihr Leben wirkt perfekt. Aber es wirkt eben nur so. Eigentlich ist sie völlig überarbeitet und chronisch unterbezahlt. Sie findet immer weniger Zeit für ihre Beziehung und ihre Freunde. Und die Wunden aus der Kindheit werden verdrängt, am besten mit Alkohol, Party und Drogen. Und dennoch: Wenn sie auf ihren Social-Media-Plattformen perfekte Bilder von sich postet und schreibt, dass es ihr gut geht, dann geht es ihr doch gut, oder? Hier hat Luise gemeinsam mit Jennifer von Lesen in Leipzig eine gemeinsame Rezension über den Roman geschrieben (2019 als Taschenbuch erschienen).

Die Influencerin und Autorin macht sich insgesamt stark dafür, dass mehr über das Tabuthema Depressionen in der Öffentlichkeit gesprochen wird. So gibt es auch ein Videotagebuch von Strg F gemeinsam mit Kathrin Weßling zum Thema Erkrankte an Depressionen während der Corona-Zeit.

„Marianengraben“ von Jasmin Schreibe (Aline)

In dem Debütroman von Jasmin Schreiber begleitet der Leser die Protagonistin Paula, eine Urne, einen älteren Mann, sein Wohnmobil und Hündin auf einem Roadtrip in die Berge. Bevor die Reise beginnt, lernt Paula den älteren Mann, Helmut kennen, der trotz seines weit fortgeschrittenen Alters nachts auf dem Friedhof einbricht und die Urne seiner Frau stiehlt. Eher durch Zufall begleitet Paula Helmut und dessen Hundin fortan und reist mit ihm in die Alpen. Die beiden geben sich in ihrer Trauer gegenseitig Halt, denn nicht nur Helmut hat einen lieben Menschen verloren, sondern auch Paula, deren kleiner Bruder ertrunken ist. Zu diesem hat Paula trotz eines erheblichen Altersunterschieds eine sehr innige Beziehung. Dass der Tod eines geliebten Menschen jemanden in eine Depression stürzen kann, greift Jasmin Schreiber gefühlvoll auf. Sie beschreibt in Rückblicken und mit Hilfe aktueller Erlebnisse, ohne dabei klischeebehaftet zu sein, wie es Paula gelingt, zwar nicht über den Verlust hinwegzukommen, aber zumindest damit leben zu können. Jasmin Schreiber wählt dafür die wunderbare Analogie des Marianengrabens, den tiefsten Punkt der Erde, und benennt die Kapitel nach Tiefenmeter, wodurch man Paula langsam dabei begleitet, wie sie aus der Tiefe des Ozeans Richtung Meeresspiegel auftaucht. Ich habe das Buch als Hörbuch, gelesen von Maximiliane Häcke gehört.

Link zur Verlagsseite, erschienen ist es im Februar 2020 im Eichborn Verlag und als Hörbuch bei Luebbe Audio.

„Mängelexemplar“ und „180 Grad Meer“ von Sarah Kuttner (Luise)

Quarter Life Crisis, die Auseinandersetzung mit den Eltern und der Kindheit, Panikattacken – Themen, die Sarah Kuttner in ihren Romanen immer wieder gerne aufgreift und emotional sowie authentisch beschreibt.

Mängelexemplar, der Debütroman der Autorin, kann man nahezu als modernen Klassiker bezeichnen: »Die Psyche ist so viel komplizierter als eine schöne glatte Fraktur des Schädels.« Karo kündigt ihren Job und entscheidet sich, sich von ihrem Freund zu trennen. Es entzieht ihr den Boden unter den Füßen. Und plötzlich kommt da diese Angst und Panik und macht sich in ihrem Körper breit. Nur wem kann sie sich öffnen? Ihrer Mutter, ihren Freunden oder doch lieber einer Psychologin? Sarah Kuttner gelingt es meines Erachtens auf eine ganz besondere Art und Weise zu sensibilisieren und mit emotionalem Tiefgang, aber auch Witz und Charme auf vermeintliche Tabuthemen wie Panikattacken und Depressionen aufmerksam zu machen. Und diesen Tabuthemen letztendlich die Schwere zu nehmen, ihnen sogar das Tabuhafte zu entziehen.

Link zur Verlagsseite, erschienen 2012 bei S. Fischer Verlage

Hier findet ihr die Rezension zu 180 Grad Meer (2015). Auch in diesem Roman spricht die Autorin über verwandte Themen wie Vergangenheitsbewältigung, Selbstfindungskrise und Angststörungen.

„Frank Ocean“ von Sophie Passmann (Luise)

Eigentlich handelt es sich um eine Hommage an den Sänger Frank Ocean. Jedoch auf subtile Art kristallisiert sich in diesem kleinen Büchlein ein zweites Fokusthema heraus: die manische Depression der Autorin. Sie veranschaulicht die buchstäblichen Höhen und Tiefen der Erkrankung und beweist, dass Musik eine therapeutische Wirkung haben kann. Denn tatsächlich helfen Sophie die Songs von dem Rapper Frank Ocean in schwierigen Lebensphasen des Erwachsenwerdens und wenn sie sich am liebsten ausschließlich in ihrem Bett verkriechen wollen würde und keinen an sich heranlässt. Außer eben Frank Ocean. Eine kleine, aber sehr bereichernde autobiographische Erzählung zum Thema.

Hier geht’s zu Rezension der Musikbibliothek von Kiepenheuer&Witsch (2019).

Heinz Strunk ist ein Autor, den Luise zuletzt noch nennen möchte, der zwar Depressionen als Thema meist als Nebenschauplatz aufgreift, aber noch einmal eine andere Facette ins Spiel bringt: die Darstellung depressiver Welten bestimmter Milieus. Er zeigt auf, wie vor allem äußere Umstände wie Armut, Perspektivlosigkeit und Herkunft eine Rolle spielen können, wenn es um die Tendenz von Depressionen geht. Zum Beispiel in Fleisch ist mein Gemüse berichtet er auch von seiner eigenen Depression, schonungslos und eindringlich. Dazu kann ich auch das vom Autor selbst eingesprochene Hörbuch empfehlen.

Fazit

Hierbei handelt es sich ausschließlich um eine kleine persönliche Auswahl unsererseits. Mit Depressionen geht häufig noch das Schwarz-Weiß-Denken einher, dass diese Schwäche und Versagen bedeuten und sich dementsprechend viele Betroffene gar nicht trauen, über ihre Depression zu sprechen. Doch zum Glück beweisen unsere vorgestellten Autorinnen und Autoren, dass es auch bei diesem Thema Graustufen gibt. Wie die Cover verdeutlichen, kann das Thema Depression vielleicht sogar bunt sein. Nicht jede Depression ist gleich und schon gar nicht sind die Betroffenen, salopp gesagt, allesamt verrückt und hoffnungslose Fälle. Welche Bücher könnt ihr noch empfehlen? Hat euch vielleicht ein Buch selbst über eine schwere Krise hinweggeholfen oder euch als Unterstützung gedient, um eure Mitmenschen zu verstehen, die an einer Depression erkrankt sind? Wir freuen uns über weitere Impulse. Kommentiert gerne hier oder auf Instagram und lasst uns so ein Stück dazu betragen, dass die Volkskrankheit kein Tabuthema mehr sein muss!

Hier findet ihr noch eine anschauliche Liste mit Romantipps zum Thema.

Dieser Beitrag wurde als Werbung gekennzeichnet, da auch Buchempfehlungen enthalten sind, zu denen wir Rezensionsexemplare von den Verlagen zugeschickt bekommen haben. Diese haben uns in unserer Beurteilung nicht beeinflusst.

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