Seltsame Okapi-Träume – „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky, Rezension

“ Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky (07/2017 erschienen im DuMont-Buchverlag)

Kennt ihr dieses Gefühl, dass ihr manchmal, nachdem ihr ein Buch eines bestimmten Genres gelesen habt, danach Lust auf einen ganz anderen Stil verspürt ? So ging es mir neulich, als ich einen gesellschaftskritischen Roman gelesen habe. Obwohl mich das Buch beeindruckte, war mir danach mehr nach einer leichten Sommerlektüre. In meiner neuen Geschichte durfte es gern um Freundschaft oder Liebe gehen, aber bitte ohne zu viel Kitsch. Sie sollte Gehalt und Humor haben, aber bitte kurzweilig sein. Das klingt nach hohen Ansprüche an meine kommende Lektüre, fand ich auch. Ob ich in Mariana Lekys Geschichte jedoch genau das fand, was ich suchte? Schaut selbst:

IMG_20170813_214530_137
„Was man von hier aus sehen kann“, die viel gelobte Neuerscheinung von Mariana Leky

Inhalt

Sobald Luises Oma Selma von einem Okapi träumt, wird in den nächsten 24 Stunden in dem Dorf oder in der Umgebung jemand sterben. Was macht man allerdings, wenn man weiß, dass man bald sterben könnte? Einen Fehler gestehen, ein Geheimnis verraten oder der großen Liebe seine Gefühle gestehen?

Es ist der Moment, in dem jeder beginnt über sich nachzudenken, was man noch unbedingt machen wollte oder was man schon längst mal seinen Liebsten sagen wollte. So geht es auch den Bewohnern des kleinen Dorfes von der Zehnjährigen Luise. Leider trifft es nicht immer die ältesten Bewohner, die es sich womöglich sogar wünschen, sondern es kann jeden überraschen. Es kann auch die engsten Liebsten treffen, wie Luise selbst erfahren muss. Sie wird jedoch älter und erwachsen und lernt wiederum, dass Liebe Wunden heilen kann. Gleichzeitig spürt sie, dass es auch mit der Liebe selten leicht ist. Sie lernt Frederik, einen japanischen buddhistischen Mönch kennen, welcher tausende Kilometer weit weg ein Leben aufgebaut hat. Nicht einmal Telefonieren ist dort einfach. Liebe erfordert manchmal Umwege und Geduld. Das lernt nicht nur Luise, sondern auch die anderen Mitbewohner ihres kleinen Dorfes.

Kritik

Die Geschichte ist intelligent und lebensfroh, aber auch mit einem skurrilen Humor geschrieben, wie ich ihn persönlich liebe. Der Roman ist von solch einer Leichtigkeit geprägt, dass auch die Konfrontation mit den Themen Tod und der Trauer keinesfalls düster wirken, sondern vielmehr widerspiegeln, dass es eine Geschichte über das Leben ist. Es geht um Familie, Freundschaft und Liebe sowie auch um die Suche nach Heimat.

IMG_20170730_205308_880
Eine wundervolle Lektüre für den Sommer und Urlaub!

Das Dorf erinnert mich ein wenig an die Serie Gilmore Girls, bei der die Dorfbewohner von Stars Hollow alle ihre schrulligen Eigenarten haben, aber gerade deswegen dem Dorfleben einen ganz eigenen Charme verleihen. So ist es auch in dem Buch von Mariana Leky: Am liebsten möchte man direkt dieses Dorf besuchen und dort länger verweilen, weil es etwas ganz Heimeliges und Besonderes an sich hat. Jeder Dorfbewohner für sich weist seine merkwürdigen Macken auf, was den Ort zwar etwas verrückt scheinen lässt, aber ihm damit auch einen liebenswürdigen Charakter gibt.

Mit Luise habe ich mich ein Stück verbunden gefühlt. Vielleicht mochte ich, dass sie wie ich auch Luise heißt und sie genauso Bücher liebt. Doch es war vermutlich auch Luises Suchen nach sich selbst und der Versuch, zu verstehen, warum das Leben manchmal so spielt, wie es spielt, weshalb man sie sofort zu mögen beginnt. Jeder kennt vermutlich diese Art von Lebensphase, weshalb ich glaube, dass man sich allgemein gut in Luise und in ihre Freunde hineinversetzen kann. Trauer, Freundschaft und Liebe kommen so plötzlich und gehen auch oft schnell wieder. Es ist das, was Leben ausmacht. Das bringt einem die Geschichte „Was man von hier aus sehen kann“ auf eine wundervolle Art näher.

Fazit

In Literaturkreisen wird Mariana Lekys Roman aktuell viel besprochen und gelobt, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Mich hat die Geschichte von der ersten Seite mit ihrer gefühlvollen, aber auch eigenen humorvollen Art in ihren Bann gezogen. Mariana Leky hat einen leichten, klugen Schreibstil, was dem Roman den letzten Schliff und Tiefsinnigkeit gibt. Ich habe genau die kurzweilige, aber gehaltvolle Geschichte gefunden, die ich für diesen Moment gesucht habe. Meinen hohen Ansprüchen ist Mariana Leky zum Glück gerecht geworden. Mich hat der Roman letztendlich mehr als überzeugt und verdient daher meine vollste Empfehlung an euch!

Auch Spannend…

NDR-Kultur: Eine besondere Dorfgemeinschaft, Buchvorstellung 07/2017

Deutschlandfunk-Kultur: Buchkritik zu Mariana Leky 07/2017

5 Gedanken zu “Seltsame Okapi-Träume – „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky, Rezension”

  1. Die Seriencharaktere der Gilmore Girls habe ich auch allesamt in mein Herz geschlossen. So eine schrullige Gemeinschaft, mit lauter liebenswerten Personen lässt mich immer wünschen, dass die Geschichte nicht nur fiktiv ist. Da möchte man durch das Dorf spazieren und einen schönen sonnigen Tag genießen.
    Die Beschreibung dieser Geschichte klingt, als würde ich ebenfalls gerne in dieses Dorf reisen und die Menschen dort kennenlernen 🙂

  2. Oh wow, das klingt ja wirklich gut. Ich habe mittlerweile so viel Gutes über dieses Buch gehört, dass ich es jetzt wohl wirklich mal lesen werde. Obwohl mich der Klappentext eigentlich nicht so angesprochen hat. Aber deine schöne Rezension macht auf jeden Fall ordentlich Lust auf die Lektüre. Humorvoll und tiefsinnig –das klingt echt toll! Und schrullige Charaktere finde ich eigentlich auch immer gut.
    Liebe Grüße, Julia

    1. Also der Klappentext könnte tatsächlich etwas in die Irre führen, da ich das Buch viel witziger und unterhaltsamer fand, als anfangs gedacht. Im Klappentext wirkt das Buch trauriger und „düsterer“ , als es letztendlich ist. Also lese es unbedingt :-)! Liebe Grüße Luise

Kommentar verfassen