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„Alte Sorten“ von Ewald Arenz fiel mir schon öfter durch sein schlichtes, aber eindrückliches Cover auf. Doch trotz vieler (oder vielleicht genau deswegen?) positiver Rezensionen und Lobhudeleien im Buchhandel und Presse habe ich es bisher nicht gelesen. Stattdessen halte ich den neusten Roman von Ewald Arenz „Der große Sommer“ in der Hand, welcher uns durch den Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt wurde. Das Cover ist verspielt, kraftvoll und mit leichten Erhebungen, die einen 3-D-Effekt erzielen. Ob das Buch wie sein Vorgänger das Zeug hat, auf die Shortlist der Lieblingsbücher der unabhängigen Buchhändler zu gelangen, gilt es nun herauszufinden.
Der große Sommer von Ewald Arenz, erschienen am 26.03.2021 im Dumont Verlag
Inhalt
Friedrich, von seinen Freunden Frieder genannt, ist 16 Jahre alt und muss die Sommerferien zu Hause verbringen. Er darf nicht mit seiner Familie in den lang ersehnten Familienurlaub fahren, muss stattdessen zu seiner Oma und dem strengen Großvater ziehen, die in der gleichen verträumten Stadt wohnen. Er soll dort in Ruhe lernen, denn nach dem Sommer stehen Nachprüfungen an, die darüber entscheiden, ob er weiterhin zur Schule gehen darf. Doch für Mathe und Latein kann er sich diesen Sommer so gar nicht begeistern, was nicht nur mit den Großeltern, sondern auch mit Beate zusammenhängt. Die lernt er bei einem Schwimmbadbesuch kennen und verliebt sich das erste Mal in seinem Leben. Zusammen mit Beate, seinem besten Freund Johann und seiner Schwester Alma, erlebt er so scheinbar den Sommer seines Lebens.
Kritik
Schätzungsweise 24 Stunden habe ich gebraucht, um das Buch zu lesen, so sehr hat es mich in den Bann gezogen. Die Sätze sind klar und gleichzeitig bildhaft formuliert, so dass ich förmlich selber ein Teil der Geschichte wurde. Auch ich klettere nachts über den Zaun des Freibades. Auch ich spüre den Wind auf der Haut, oben auf dem Brett des Zehn-Meter-Sprungturms. Die sanfte Brise, die hereinweht in das Zimmer von Beate, wo die ersten zaghaften Küsse ausgetauscht werden. Dieser letzte große Sommer, bevor das Leben anfängt, bevor die Jugend noch nicht ganz von dem Erwachsenen-Ich abgelöst wurde. Ewald Arenz greift nach dem Momentum und hält es fest in der Hand: Erinnerung an eine Jugend, die scheinbar frei und ohne Verpflichtungen war. Er holt die Erinnerungen der Leser:innen zurück an die eigene Jugend, an die Einfachheit und Freiheit, die man in diesem letzten Sommer spürte. Auch wenn die Geschichte nicht meine ist, so hat sie doch meine eigenen Erinnerungen wieder lebhaft zurückgeholt.
Fazit
Anlässlich der Buchpremiere habe ich an einer virtuellen Veranstaltung des Verlags gemeinsam mit dem Autor und seiner Lektorin teilnehmen dürfen. Dort wurde auch diskutiert, dass derzeit viele Coming-of-Age-Romane wie „Der Große Sommer“ veröffentlich werden. Thematisch (die Geschichte eines Sommers, den man nie vergisst) am ähnlichsten ist wohl das gerade erschienene „Hard Land“ von Benedict Wells. Vielleicht ist dies der aktuellen Zeit geschuldet. Alles kommt zur Ruhe, wir finden Zeit zu reflektieren und uns an die längst vergessenen Jahre zu erinnern? Aber auch die Frage woher Autoren ihre Inspiration beziehen, die ja oft durch die kleinen Momente entstehen, wie Gesprächen zwischen unbekannten in einer Bahn oder einem Café. Während der virtuellen Veranstaltung wurde schnell der Vergleich gezogen, dass der Unterschied zwischen „Hard Land“ und „Der große Sommer“ in der Erlebbarkeit liegt. Benedict Wells wäre zu jung um aus seiner Erinnerung zu schöpfen, die er in seinem Roman thematisiert. Ewald Arenz hat zum Teil selbst erlebt wovon er schreibt. Vielleicht mag das der Unterschied sein, ich habe „Hard Land“ nicht gelesen, aber dafür liegt in der Zwischenzeit „Alte Sorten“ von Ewald Arenz auf meinem Bücherstapel. Denn ich glaube nun besser zu verstehen, warum das Buch damals so gemocht wurde, wenn es auch nur ansatzweise so schön wie „Der große Sommer“ sein sollte. Mit Humor und Lebhaftigkeit begleitet man die Protagonisten durch ihren Sommer, der großen, kleinen, stillen und berührenden Momente. Und nach der letzten Seite hat man wie so oft das Gefühl, dass dieser Sommer doch viel zu kurz war.
Vielen Dank an den Verlag für die Zurverfügungstellung des Rezensionsexemplares. Dies hat meine Beurteilung zu dem Buch nicht beeinflusst.