Wellenartig – „Schwimmen“ von Sina Pousset, eine Rezension

Ein zeitgenössischer Roman, erschienen im September 2017, Ullstein fünf

Zum Buch auf der Verlagsseite

Schwimmen erschien im Ullstein fünf Verlag, einem Imprint der Ullstein Buchverlage, der vor allem moderne Gegenwartsliteratur junger Autoren verlegt. Als Liebhaberin der Bücher aus diesem Verlagsprogramm war ich entsprechend auf Sina Poussets Debüt gespannt, welches nicht nur von Liebe und Freundschaft in unserer modernen Zeit handeln, sondern vor allem auch die Konfrontation mit Trauer und Verlust thematisieren soll.

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„Schwimmen“ von Sina Pousset, Ullstein fünf

Inhalt

Millas Leben geht ohne große Störungen oder Überraschungen seinen Gang, aber wirklich in Ordnung scheint es genauso nicht zu sein. Sie tritt auf der Stelle: Trotz ihrer Situation als Alleinerziehende versucht sie Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen. Sie arbeitet in einem kleinen Verlag und ist auf der Suche nach einem erfolgsversprechenden Manuskript, was aber derzeit ausbleibt. Milla und Emma sind eine kleine liebevolle Familie, aber Emma spricht sie nicht mit ‚Mama‘, sondern mit ihrem Vornamen an. Eines Tages entdeckt Milla im Mantel einen Einkaufszettel mit Jans Handschrift, welcher sie direkt mit der Vergangenheit konfrontiert und dazu führen soll, ihr Leben etwas aufzuräumen zu wollen.

Jan und Milla verband seit ihrer Kindheit eine tiefe Freundschaft. Es ist der Urlaub gemeinsam mit Jans Freundin Katharina in Frankreich im Haus der Oma von Milla, der alles veränderte.  Es ist der Urlaub, den Jan nicht überleben sollte. Sein Tagebuch scheint für Milla der Schlüssel dazu, sich der Vergangenheit zu stellen – ein Schritt nach vorn, um nicht mehr auf der Stelle zu treten. Doch es fehlt jemand, Katharina, die seit dem Tod von Jan in der Psychiatrie ist. Milla setzt alles daran, dass Katharina wieder zurückkehrt ins Leben zu ihr und Emma.

Kritik

Der Roman liest sich wie ein Poetry Slam und nimmt einen von Beginn an melodisch mit. Das Buch lebt vor allem von der Sprache und nur langsam lässt sich das Puzzle von Ereignissen in der Gegenwart und Vergangenheit zusammensetzten. Was geschah genau in dem Urlaub vor ein paar Jahren, als Jan starb?  Es geschehen Wendungen in der Geschichte, die man so nicht erwartet. Sie kommen wellenartig, sodass es bis zum Ende hin spannend bleibt. Über kurze Phasen, in denen dafür wenig passiert und vielmehr die Sprache als Handlung im Vordergrund zu stehen scheint, sieht man daher schnell hinweg.

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„Wer springt hat zwei Möglichkeiten: Schwimmen oder Untergehen.“

Das Thema „Schwimmen“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. “ Wer springt hat zwei Möglichkeiten: Schwimmen oder Untergehen.“ Was ist, wenn tatsächlich jemand „untergeht“ – wenn man plötzlich einen wichtigen Menschen verliert, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte? Wie geht man als junger Mensch mit dem Tod um? Es ist wie eine Welle, die einen zu überschwemmen scheint. Sina Pousset behandelt mit ihrem Roman Themen, die wir gern im Alltag ausblenden und vermeiden: Angst, Trauer und Verlust. Mit Poetik und Wortkunst nimmt Pousset die Schwere der ernsthaften Themen und füllt die Seiten mit Leichtigkeit.

Fazit

Sina Pousset gelingt es mit „Schwimmen“ melancholisch und hoffnungsvoll zugleich zu sein sowie mit ihrer melodischen Sprache, den eigenen Denkprozessen über die Bedeutung von Verlust, Liebe und Freundschaft  einen literarischen Rahmen zu geben und schlichtweg zu berühren. Man selbst hat nicht das Gefühl unterzugehen, sondern vielmehr zu mit den Wellen treiben oder gar zu schwimmen.

Weiterführende Links

Sina Pousset über ihr Debüt „Schwimmen“ (Video)

Zeit-Online: Ullstein fünf: modern, teamorientiert, anders

Weitere Bücher aus dem Ullstein fünf Verlagsprogramm:

Rauschendes Kopfkino

Berliner Sommer einbetoniert

2 Gedanken zu “Wellenartig – „Schwimmen“ von Sina Pousset, eine Rezension”

  1. Eine schöne Rezension! Ich fand den Schreibstift sehr besonders und die Geschichte war trotz der Trauer und Ernsthaftigkeit sehr zart und auch hoffnungsvoll! Ein ganz tolles Buch!

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