NDR Sachbuchpreis 2023: „Traumland. Der Westen, der Osten und ich“ von Adam Soboczynski, eine Buchbesprechung und Verlosung

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Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Jahr wieder beim NDR-Sachbuchpreis dabei sind und damit einen der Longlist-Titel vorstellen dürfen. Der NDR Sachbuchpreis zeichnet jedes Jahr das beste in deutscher Sprache verfasste Sachbuch aus, das sich zukunftsrelevanten Fragen widmet. Am 1. November 2023 wird er im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes verliehen. Wir freuen uns, bei der Buchpreisverleihung dabei sein zu dürfen, selbstverständlich nehmen wir euch mit!

Zuvor, am 25. Oktober, wird die Shortlist verkündet – wir drücken unserem Patenbuch, welches wir hier vorstellen, alle Daumen!

Das für den NDR Sachbuchpreis nominierte Buch: „Traumland. Der Westen, der Osten und ich“ von Adam Soboczynski

„Traumland. Der Westen, der Osten und ich“ von Adam Soboczynski

Rezensionsexemplar, 09/2023 erschienen im Klett-Cotta Verlag

Der Autor und ZEIT-Journalist Adam Soboczynski zeichnet in seiner Biographie die Migration seiner Familie von Polen nach West-Deutschland in den 80er Jahren nach und lässt dabei immer wieder den Blick in den Osten Europas wandern, der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einen Aufschwung erlebt, nun aber erneut bedroht ist:

Adam Soboczynski ist sechs Jahre als, als die Familie mit dem Zug von Polen nach Koblenz fährt, ihren polnischen Pass abgibt und ein Zuhause in dem verheißungsvollen Westen sucht. Sie lassen Arbeitersiedlungen, Chemiefabriken und Armut zurück, den Blick auf Westdeutschland gerichtet – das Paradies voller Wunder wie das Phänomen Freiheit, aber vor allem auch Daimler, Coca Cola und Chio Chips. „Wir waren auch nicht in einer Heimat angenommen, sondern im Paradies.“ (S. 16). Als Soboczynski älter wird, findet er Deutschland kleinbürgerlich, wie viele Deutsche auch. Er scheint gänzlich angekommen in seiner neuen Heimat.
Dieses Traumland erhält nach und nach Risse.

Die Integration erscheint in den 80ern bereits ein sensibles, schwieriges Thema. In der Schulzeit beobachtet er entsprechend, ohne es zu dem Zeitpunkt vielleicht ganz verstehen zu können, eine Zweiklassengesellschaft. „Die einen (Anm. d. Red.: deutsche und polnische Kinder) landeten zumeist auf einem der Gymnasien im Zentrum der Stadt, die anderen (Anm. d. Red.: türkische Kinder) häufig auf der Hauptschule ihres Viertels. Es war keine Mikroagression am Werk, hier passte tatsächlich der mittlerweile modisch gewordene Begriff vom strukturellen Rassismus.“ (S. 31). Die Osteuropäer:innen gelten als die „guten“ Migranten, als sogenannte Strebermigranten. Aber sie haben sich assimiliert, also angepasst – sodass auch hier womöglich nicht wirklich eine Integration stattgefunden hat? Wurde entsprechend die Kluft zwischen Ost und West sowie ihre unterschiedliche Geschichte, Politik und gesellschaftliche Entwicklung wegignoriert, als Verklärung der Nachwendegesellschaft?

Das große Worte „Zeitenwende“ fällt bereits auf Seite 25 und begründet für Soboczynski das Ende einer Epoche des Friedens, vom Zusammenbruch des Ostblocks 1989 bis zu dem Überfall Russlands in der Ukraine. Die Jahre dazwischen bezeichnet Sobocynski als die Jahre der „Freiheit“. Doch diese vermeintliche Unbeschwertheit führt zu einem Mangel an Ernsthaftigkeit und Substanz sowie zu wenig Gemeinsinn. (S. 88). Der Kapitalismus scheint den Drang nach Individualität hervorzurufen. Wie der Autor selber feststellen muss, ist auch im Westen nicht alles Gold, was glänzt, sondern ist wie sein ehemaliges Universitätsgebäude marode geworden. Immerhin scheint auch die Freiheit des Westens in Gefahr durch aufkeimenden Populismus und Fremdenfeindlichkeit.

Man könnte kritisieren, dass der Autor als Feuilletonist selbst in einem individuellen Elfenbeinturm sitzt und sich mittels der Sprache des Bildungsbürgertums ermächtigt, um über die Lebensrealität von Menschen aus West- und Osteuropa zu schreiben. Er greift einige Themen auf und wollte letztendlich sehr viel, sodass uns nicht immer die Zielführung gänzlich klar ist. Jedoch muss man gleichermaßen feststellen, dass der Autor durch seine sprachliche Präzision und Eloquenz Kritik geschickt verpackt und diese ironisch den Bildungs-Westbürgern mittels eines Spiegels vorhält. Im Gegensatz zu anderen, objektiver erscheinenden Sachbüchern, auf der Longlist, ist mit „Traumland“ eine persönliche Biografie für den NDR Sachbuchpreis nominiert. Es ermöglicht die Komplexität des andauernden Ost-West-Konflikts auf eine emotionale Ebene zu führen und lädt zum Diskurs ein.

Verlosung

Wir verlosen drei Exemplare von „Traumland. Der Westen, der Osten und ich“. Hierzu schreibt uns gerne bis 23. Oktober 2023, eine E-Mail (buch@aufgeblaettert.de) wenn ihr in den Lostopf wandern möchtet. Für eine doppelte Gewinnchance folgt uns auf Instagram (@aufgeblaettert), wo wir die Verlosung ebenfalls noch bekannt geben werden und ihr zusätzlich mitmachen könnt.

Teilnahmebedingungen: Das Gewinnspiel steht in keiner Verbindung zu WordPress, es wird weder von der Plattform gesponsert, unterstützt noch organisiert. Teilnahmeberechtigt sind alle Personen ab 18 Jahre die in Deutschland wohnhaft sind. Je Teilnehmer ist nur ein Gewinn möglich. Ein Umtausch, eine entgeltliche Auszahlung oder der Rechtsweg sind ausgeschlossen.

Vielen Dank für die Verlosungs- und Rezensionsexemplare.

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