Urlaubsgeflüster – Ein Leserückblick auf den Sommer 2022

Die Lesemonate Juli und August

In unserer Blogpause wollten wir mal so richtig abschalten. Wir haben also nicht nur eine Pause vom Bloggen gemacht, sondern auch Instagram deinstalliert. Wir standen im Zwiespalt: Wollen wir entweder riskieren, dass der Algorithmus wieder in den Keller gerät? Oder wollen wir uns bewusst diesem unnötigen Like-Zwang entziehen? – Immerhin ist Instagram die Plattform Nr.1 geworden, um euch auf unsere Blogartikel aufmerksam zu machen und von weiteren Leseeindrücken zu berichten. Immerhin holen sich viele von euch dort Inspirationen. – Und ja, wir dachten uns ,Fuck the Algorithmus‘! Immerhin wollten wir zeitgleich auf Reisen. Und so konnten wir auch mal wieder Kräfte sammeln, Lesestoff vorablesen und Abstand von dem Social-Media-Wahn nehmen.

Durch unsere Blogpause haben wir uns nun auch erlaubt, den Juli und August als Lesemonate zusammenzufassen. So haben wir einige sommerliche Bücher im Gepäck und können euch zudem zeigen, welche Bücher wir im Urlaub gelesen haben.

Unsere Lesemonate Juli/August 2022

„Der Gang vor die Hunde“ von Erich Kästner (Aline)

Erschienen im Atrium Verlag, 2013

Erich Kästner zählt für mich zu einem Autor, der mich stark an meine Jugend erinnert. Das liegt weniger an seinen Kinderbüchern wie „Das fliegende Klassenzimmer“, sondern vielmehr an meiner Heimat. Wie ich ist Erich Kästner in Dresden geboren, wo sein Wirken noch immer präsent ist. Es gibt ein Museum ebenso wie eine Gedenkplastik am Albertplatz. In meiner Oberstufenzeit nahmen wir einmal mit gefühlt allen Schulen der Stadt jeglicher Jahrgangsstufen an einer Rallye teil, die uns quer durch die Stadt und eben auch an dieser Plastik vorbei zur Elbe führte. Bei einem großen Abschlussfest stiegen Luftballons in die Luft, Kinder rannten umher und die Sonne schien strahlend am blauen Himmel. Wir fühlten uns unbeschwert und frei und an dieses Gefühl muss ich denken, wenn ich mich an Erich Kästner erinnere. Welche berühmte Person er war, umfasse ich eigentlich erst heute, viele Jahre später. Allen voran durch den Roman „Der Gang vor die Hunde“ stoße ich auf die Person Erich Kästner als Gegner des Nationalsozialismus, dessen Bücher verboten und verbrannt wurden und der mit eben diesem Roman auf gesellschaftliche Umbrüche in Deutschland kurz vor der Machtergreifung Adolf Hitlers hinweist. Brisante Passagen und Kapitel mussten gekürzt oder gestrichen werden, so das der Roman zunächst unter dem Titel „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ erschien. Die gestrichenen Passagen konnten bewahrt werden, nicht zuletzt durch Kästner selbst. 2013 wurde der Roman dann in seinem Urzustand im Atrium Verlag veröffentlicht. Ein Stück Zeitgeschehen steckt zwischen den Buchdeckeln, die uns mitten in die Anfänge des Nationalsozialismus beamen. Arbeitslosigkeit, Sorgen und Ängste vor der Zukunft, aber auch die Liebe in Zeiten der Not sind Motive der Erzählung rund um Fabian, der Hauptfigur. Ein großartiger Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und besonders durch den Sprachstil Kästner s sehr mochte. Gleichzeitig ist er ein Stück Erinnerung daran, dass es mir heute gut geht, ich unbeschwert und frei leben kann, im Gegensatz zu viele anderen Menschen heute und natürlich damals. 

„Die Wut, die bleibt“ von Mareike Fallwickl (Luise)

Erschienen im Rowohlt Verlag, April 2022

In „Die Wut, die bleibt“ von Mareike Fallwickl spüre ich die Wut förmlich auf jeder Seite. Ich musste den Roman mehrmals beiseitelegen, um zu verarbeiten. Vor allem wollte ich die Gedanken zum Buch mit jemanden teilen. Und dabei dachte ich an einen Perspektivwechsel: unterhalten habe ich mich mit meiner sehr gute Freundin Jenny, die wie die Protagonistin Helene Mutter von zwei Kindern ist.
Zu „Die Wut, die bleibt“ haben wir ein langes Gespräch geführt. Und obwohl wir unterschiedliche Perspektiven hatten, ich als Kinderlose, Jenny als Mutter, haben wir beide uns ähnlich berührt gefühlt von der bildhaften Sprache und der authentischen Charakterzeichnung von Mareike Fallwickl. Die Schicksale der drei Frauen Helene, ihre Freundin Sarah und die Tochter Lola verweben sich. Ihre unterschiedliche Wut führt zu einem Vulkanausbruch, der vor allem eines zeigt: Was es in unserer Gesellschaft heißt, Frau zu sein. Denn es bedeutet häufig leider noch, in die Schublade gesteckt zu werden, alles sein zu dürfen, aber bitte nicht wütend.

Die ausführliche Rezension findet ihr hier.

Zurück aus der Blogpause – Alines Teilnahme am Dicke Büchercamp 2022

#dickebüchercamp2022

„Wolkenkuckucksland“ von Anthony Doerr (Aline)

Erschienen bei C.H. Beck, Oktober 2021

Teil 1: „Wolkenkuckucksland“ hat es aufgrund der Empfehlung von @leseninvollenzuegen, die das Buch gelobt und als perfekte Schmökerware für den Winter angepriesen hatte, auf meinen Lesestapel gespült. Ich kann nun hinzufügen: Auch für den Sommer eignet es sich perfekt und sollte trotz oder gerade wegen etwas über 500 Seiten auf der Leseliste für zum Beispiel den nächsten (Winter-/Sommer-) Urlaub landen. Und damit ist es auch ein perfekter Kandidat für meine erste Teilnahme am „Dicke Büchercamp“.

Trotz vieler Zeitachsen und fünf Protagonisten verliert Doerr nie den Faden und erzählt die Geschichten gleichzeitig so spannen und lebendig, dass man nahezu durch die Seiten fliegt.

Alines Bücher für das Dicke Büchercamp 2022: „Blackout“ und „Wolkenkuckucksland“

„Blackout“ von Marc Elsberg (Aline)

Erstmals erschienen im Penguin-Verlag 2012

Teil 2: Blackout, ein plötzlicher und kompletter Stromausfall an einem kalten Februartag in ganz Europa. Das ist das Motiv von Marc Elsbergs Roman, der bereits 2012 erschienen ist. In rund 800 Seiten arbeitet der Autor sich an diesem Schreckensszenario ab. Ist an Tag 0 der Zusammenhalt der Bevölkerung noch hoch, spitzt sich die Lage zunehmend zu, Spätestens an Tag 13 ist die Lage dann ganz gekippt und Plünderungen bleiben die harmloseren Taten. Marc Elsberg begleitet die Protagonisten, die in den kritischen Infrastrukturen arbeiten, also Polizei, Krisenstab der Regierung, Europol und Co. eng. Ich hätte mir jedoch auch einen Blick in die Wohnzimmer einer „normalen“ Familie gewünscht. Den Sog der Geschichte und die Erzählweise fand ich jedoch sehr spannend und fesselnd.

Was genau hinter dem Dicken Büchercamp steckt sowie die ausführliche Rezension zu den beiden Schmökern, findet ihr hier.

„Kaiserstuhl“ von Brigitte Glaser (Luise)

Erschienen im List-Verlag (Ullstein), März 2022

Ich versprach mir anfangs vor allem einen sommerlichen Schmöker mit Lokal-Kollorit, aber mir wird schnell bewusst, dass der Roman mehr als das ist und kaum einer Romangattung zuzuordnen ist. „Kaiserstuhl“ vereint Elemente eines historischen Liebesromans mit politkriminologischen Zügen und ist gleichzeitig ein Roman über eine schicksalshafte Familiengeschichte, wie es sie sicher häufiger so oder so ähnlich in der Nachkriegszeit gab. Mein Wunsch nach einer spannenden Sommer- bzw. Urlaubslektüre wurde mehr als erfüllt, die über Liebe, aber vor allem auch über Verlust, Trauer und Schuldgefühle spricht. Mein Sommerbuchtipp schlechthin also!

Die ausführliche Rezension findet ihr hier.

„Abenteuer reisender Frauen“ von Armin Strohmeyer (Luise)

Erschienen bei Piper, 2012

Aline schenkte mir dieses Buch mit den Worten: „Ich dachte sofort an dich, weil du so gerne neue Orte bereist, dich für Geschichte und vor allem auch für Frauen in der Historie interessierst.“

Ich begann dieses Buch, als ich zwar schon wieder von meiner Reise aus Schweden zurückgekehrt bin, aber noch in Urlaubsstimmung war. Es weckte wieder Sehnsüchte. Die Geschichten muss man nicht chronologisch lesen, sondern je nach Lust und Laune pickte ich mir ein Kapitel heraus. Mich sprachen natürlich unmittelbar die Geschichten der Frauen an, deren Namen ich kannte, wie Leni Riefenstahl, die eine Leidenschaft für Afrika entwickelte oder Agatha Christi, die ihren Mann bei Ausgrabungen in den Orient begleitete und selbst Hand anlegte. Aber auch bestimmte Reisethemen catchten mich wie mit Rilke nach Russland, wie die Wiener Hausfrau, die eine Weltreise machte, weltberühmt wurde und sogar Alexander von Humboldt zum Freund gewinnt. Oder die Frau auf einem Piratenschiff, getarnt als Mann. Die Geschichten sind vielseitig, mitreißend geschrieben und gleichzeitig informativ, als dass es in den Kontext der Zeit gesetzt wird, durch aus mit kritischen Anstrich wie etwa bei Riefenstahls Kooperation mit den Nazis. Die Charaktere der Frauen werden lebendig, denn diese teilen nicht nur die Leidenschaft zum Reisen,
sondern haben jeweils in Zeitepochen gelebt, in denen Reisen für Frauen alles andere als selbstverständlich war. Sie mussten mutig und ausdauernd an ihren Wünschen und Zielen dranbleiben. Den Spirit spüre ich, es steckt mich an, auch mal wieder ein Abenteuer zu wagen. So hätte ich mal Lust, eine längere Radtour zu starten.

Aline hatte recht, sie hat genau meinen Geschmack getroffen. Und ich freue mich auf die letzten Abenteuergeschichten mutiger Frauen, die noch auf mich warten. Und dann schaue ich auf der Landkarte, wo es für mich unbedingt mal noch hingehen sollte. Hut und ein neues Reisetagebuch liegen schon bereit.

Fazit

Hier habt ihr einen ersten Einblick in unsere Urlaubslektüre bekommen. Und da warten noch ein paar weitere Titel, die wir gelesen, aber noch nicht vorgestellt haben. Seid also gespannt! Auch die App Instagram ist wieder installiert und wir kehren mit neuer Energie zurück. Freut euch also, wenn ihr dort wieder alle 2-3 Tage über Neuigkeiten aus unserer Lesehöhle lest. In der es sicher auch bald herbstlich zugeht….

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