Buchmessenzeit – Unser Monatsblatt März 2024

Der März war erfüllt von wunderbaren Aktionen und Begegnungen, sowohl digital als auch im realen Leben.

Ein ganz besonderes Highlight natürlich: unser Besuch auf der Leipziger Buchmesse 2024, vom 21.-24.03.2024. Neben dem Besuch der zahlreichen Stände von großen und kleinen Verlagen, Publikumsverlagen und Indiebook-Verlagen, hat Aline fleißig Bloggerinnentermine wahrgenommen. Dazu gehörten neben den viele tolle Begegnungen mit Verlagen vor allem die schönen Treffen mit anderen Bloggern und Bloggerinnen. Natürlich hat Aline auch einige Lesungen und Gesprächsrunden besucht, wie etwa von Iris Wolff zu „Lichtungen“, Stefanie de Velasco zu „Das Gras auf unserer Seite“,  Maxim Leo zu „Wir werden jung sein“, Hariet Drack zu „Wenn Menschen morden“ sowie ein Gespräch der Autor:innen von „Erzähl mir von der Liebe“. Luise war dieses Jahr vor allem beruflich eingebunden und hat Autorinnen und Autoren begleitet (weshalb sie auch weniger privat zum Lesen kam).
Den Samstagabend haben wir aber gemeinsam ausklingen lassen und angestoßen. Anschließend war Luise Sonntag noch einmal privat unterwegs auf der Buchmesse und war überwältigt von den vielen begeisterten Leser:innen, Lesungen auf dem Messegelände und Signierstunden mit beliebten Autor:innen. Die Buchmesse verzeichnete letztendlich nach eigenen Angaben zufolge 283.000 Gäste – immerhin rund 9.000 mehr als 2023. Insgesamt waren 2.085 Verlage als Ausstellende dabei. „Who’s still reading?“ hieß das Motto der Leipziger Buchmesse 2024. Viele, das ist wohl die Antwort!

Luise besuchte zudem den Live-Podcast „Zwei Seiten“ von Mona Ameziane und Christine Westermann in Köln, im Rahmen der Lit.COLOGNE. Dabei war sie sehr angetan von der mitreißenden Stimmung oben auf der Bühne von den beiden Bücherexpertinnen, aber auch unten im Publikum.

Am feministischen Kampftag, den 08. März, haben wir anlässlich dazu unsere Bücherregale geplündert und Romane und Sachbücher mit feministischen Spirit rausgesucht. Unter #feministischlesenfetzt haben wir passend dazu zu einer digitalen Buchchallenge aufgerufen und auf Instagram bei anderen Blogger:innen ganz viele weitere tolle feministische Bücher entdeckt.

Am 16. März haben wir außerdem den Indiebookday gefeiert. Seitdem wir uns vor drei Jahren durch unseren damaligen Schwerpunkt besonders auf Indie-Bücher fokussiert haben, sind es kontinuierlich mehr geworden. Zum Reinblättern empfehlen wir auch die Kategorie hier auf Blog: Unabhängige Buchverlage.

Zu den Büchern, die Aline diesen Monat begleitet haben:

Leming von Murmel Clausen*

Erschienen im März 2024, bei Voland & Quist

„Leming“ von Murmel Clausen erscheint heute im Voland & Quist Verlag und behandelt ein Thema so locker und flockig, beinahe schon komisch-ironisch. Dennoch kommt es ohne Triggerwarnung vorneweg nicht aus. Die Protagonisten Kolja, Verena und Reinhold lernen sich im Internet in einem Suizid-Forum kennen. Die Teenager haben alle aus unterschiedlichen Gründen das Bedürfnis, sie müssten ihrem Leben ein Ende setzen. Und so beschließen sie, sich für einen Roadtrip nach Ungarn, an den Plattensee zu verabreden, wo Verenas Opa ein Häuschen hat. Reinhold sammelt erst Kolja, dann Verena mit seinem getunten Audi ein. Dabei verliebt sich Kolja, Teenagerhormone sind halt unberechenbar, schon beim ersten Anblick in Verena, was das geplante Unterfangen nicht viel einfacher macht. Und überhaupt ist Kolja eigentlich nur dabei, um die anderen beiden von ihrem Vorhaben abzubringen, vom erloschenen Vulkan in den Tod zu springen. Bis sie dort ankommen, erlebt das Trio einen chaotischen Roadtrip und vor Ort eine letzte wilde Partynacht und eine bezaubernde Sonnenfinsternis bei der sie Freundschaft schließen. Kolja ist sich sicher, den anderen beiden so neuen Lebensmut schenken zu können und sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Ob ihm das gelingen wird? Blickt man auf die Biografie des Autors, wird man schnell feststellen, dass Murmel Clausen eher durch seine Texte für „die Bullyparade“, „Der Schuh des Manitu“ und Drehbücher wie „Vaterfreuden“ bekannt ist, und man ein eher schweres Thema wie Suizid nicht unbedingt erwarten würde. Doch sollte es sich, meiner Meinung nach, nicht unbedingt ausschließen, ein Thema wie Suizid tragisch-komisch zu verarbeiten. Und das ist ihm sicherlich gelungen. Ob ich dem Text abnehme, dass die Protagonisten Teenager sein sollen? Eher nicht. Aber sicherlich kann ich den Inhalt des Romans als Film über die Bildschirme laufen sehen, und bis dahin ist „Leming“ ein guter Snack für zwischendurch.


Weiße Wolken von Yandé Seck*

Erschienen im Februar 2024, bei KiWi

Die Schwestern Dieo und Zazie wachsen in Frankfurt auf, wo Dieo mit ihren drei Söhnen und ihrem Mann Simon im schicken Nordend lebt. Dieo absolviert eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin und versucht gleichzeitig den Haushalt und ihre drei Kinder zu managen. Ihr Mann Simon arbeitet, vor allem viel, in einem Finanz-Start-Up und kann sich vermeintlich weniger um die Kinder kümmern. Zumindest bereitet er das Abendessen für die Familie zu. Ihre jüngere Schwester Zazie hingegen legt oft und gerne den Finger in die Wunden des Patriarchats, kämpft für Frauenrechte, organisiert eine Gedenkveranstaltung für die Opfer von Hanau und ist vor allem oft und viel wütend. Der Text tanzt inhaltlich um einige Themen herum, die zwar nicht vertieft werden, denen jedoch ausreichend Raum gegeben wird – zum Beispiel die Überforderung von Dieo, ihre Rolle Muttersein und Job unter einen Hut zu bringen und die wenige Hilfe durch ihren Mann. Oder die Karriere von Zazie, als einzige schwarze Frau im universitären Kontext und dem Umgang mit Rassismus dort. Es zeichnet den Text aus, dass er durch wechselnde Kapitel, die aus der Sicht der unterschiedlichen Protagonist:innen geschrieben sind, ständig neue Perspektiven einnimmt und somit eine Tiefe entstehen kann. Zudem berührt er zwar viele der aktuellen Unrechte unserer Gegenwart, aber ohne dies aufgeregt kritisch zu tun, sondern viel mehr subtil und unaufgeregt. Besonders die psychologische Komponente, durch die Arbeit von Dieo mochte ich sehr, aber auch das Verhältnis und der liebevolle Umgangs der Protagonist:innen untereinander, trotz Konflikte und ihrer Gegensätzlichkeiten. Einzig die Reise in den Senegal, durch den Tod des Vaters, habe ich nicht als so schwergewichtig empfunden, wie es im Klappentext angekündigt wurde, mir dafür aber mehr Raum gewünscht hätte. Unterm Strich kann ich nur warme Worte für den Debütroman „Weiße Wolken“ von Yandé Seck finden, der mich sprachlich und inhaltlich begeistert hat.

Hannas Töchter von Marianne Fredriksson

Neuauflage erschienen im März 2019, bei S.Fischer Verlag

Hattet ihr auch dieses eine Buch, das euch in der Jugend bewegt hat und bis heute nicht loslassen konnte? Dieses eine Buch, an das man gerne zurückdenkt und so ein schönes Gefühl in der Magengegend hinterlässt. Für mich ist es „Hannas Töchter“ von Marianne Fredriksson, und ich habe mich nach nun bestimmt zwanzig Jahren an einen Re-Read getraut. Denn natürlich hatte ich Angst davor, dass es mir mit Mitte dreißig nicht mehr so gut gefallen würde wie als Teenager. Nicht nur, weil ich mittlerweile älter geworden bin, sondern weil mein Blick auf die Welt anders ist. Aber was soll ich sagen? Es war ein bisschen wie nach Hause kommen, denn während des Lesens konnte ich mich an vieles erinnern, das mich auch damals schon bewegt hat. In dem Roman geht es um die Lebensgeschichte von Hanna, Johanna und Anna. Anna besucht ihre 90-jährige Mutter, Johanna, im Pflegeheim und beginnt sich durch diese Besuche mit der Vergangenheit ihrer Mutter und Großmutter, Hanna, zu beschäftigen. Tief taucht sie in die Vergangenheit Schwedens ab und erzählt von den Entbehrungen, die es mit sich brachte, als Frau Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zu leben. Durch diese Reise zeichnet sie nicht nur zwei bewegende Lebensgeschichten nach, sondern findet auch etwas mehr zu sich selbst. Je ein Abschnitt ist Hanna und Johanna gewidmet. Ein Verbindungsstück holt uns in die Gegenwart von Anna, die zum Abschluss noch einmal ihren Blick auf die Lebensgeschichte der beiden Frauen teilt und auf ihr damit verbundenes emotionales Erbe blickt. Auch so viele Jahre später bin ich begeistert von der Erzählung der Autorin, die einfach in der Sprache, aber sensibel in ihrem Wesen ist. Sie legt mit „Hannas Töchter“ einen Familienroman vor, der rein auf die weibliche Perspektive vertraut und der auch viele Jahre später noch funktioniert. Das Buch erschien 1994, war damals ein Weltbestseller und ist weiterhin als Taschenbuch erhältlich. Aus dem Schwedischen von Senta Kapoun.


Geordnete Verhältnisse von Lana Lux*

Erschienen im Februar 2024, bei Hanser Berlin

Mir war nicht klar, auf was ich mich beim Lesen von „Geordnete Verhältnisse“ einlasse. Gerechnet habe ich mit Freundschaft und vielleicht auch Liebe, mit Sicherheit war das naiv von mir. Bekommen habe ich zwar auch all das, aber unter dem Deckmantel des Bösen. Dabei wird die perfide Art und Weise der Manipulation durch die Autorin Lana Lux zum Äußersten getrieben, um sie dann mit einem großen Knall enden zu lassen. Seit Kindheitstagen sind Farina und Philip die besten Freunde. Sie ist als kleines Mädchen nach Deutschland gekommen, er ist der Sohn einer alkoholkranken Mutter. Beide starten als vermeintliche Außenseiter ins Leben und finden so zueinander. Er hilft ihr Deutsch zu lernen und wie man sich „hier richtig“ verhält. Nach dem Abitur ziehen sie zusammen, das perfekte Paar, ohne ein Liebespaar zu sein. Eines Tages verlässt sie ihn. Er schreibt ihr unendlich viele Nachrichten, auf die sie nicht reagiert. Bis sie eines Tages, 2,5 Jahre später, wieder vor seiner Tür steht. Schwanger und verschuldet nimmt er sie auf, kümmert sich, liebt sie, wie nur er es mit seiner obsessiven Art und Weise vermag. Es entwickelt sich eine Partnerschaft, die von gegenseitiger Abhängigkeit am Leben erhalten wird. Dennoch habe ich Philip lange nicht als Täter oder gar als das Monster gesehen, zu dem er sich über den Roman hinweg entwickelte. Gedacht habe ich, dass sich das zwischen den beiden schon einrenken wird und sie eine Happy-Co-Parenting-Familie bilden werden oder dass Farina sich doch „nur“ trennen muss, um der Hölle dieser quasi Partnerschaft zu entkommen. Aber das dachten vermutlich viele Frauen, bis sie in Frauenhäusern leben, von ihren Partnern geschlagen, gequält oder gar umgebracht wurden, immer unter dem Deckmantel der Liebe. Ein subtil augenöffnendes Buch über die brutalste und obsessivste Form, die eine „Partnerschaft“ annehmen kann.

Nach der Buchmesse brauchten wir dann beide eine Pause. Für Aline ging es in die Berge, für Luise nach England, genauer nach Liverpool und für einen Tag nach Manchester.

Ein Urlaubsbericht von Luise
mit literarischen Orten aus Liverpool und Manchester

You Will Never Walk alone – ein legendärer Song, der nicht nur für den FC Liverpool steht, sondern für mich auch die Atmosphäre der gesamten Stadt beschreibt, vor allem abends: wenn sich die vielen Restaurants, Pubs und Clubs füllen, mit den Brit:innen mit gewissem Glamour, und dabei einen Glas Craft-Beer in der Hand und Live-Musik im Ohr.
Musik bestimmt das Stadtbild. Das Erbe der Beatles ist schwer, wird aber fleißig weitergetragen. Die Fab Four begegnen einem fast überall, wie im Cavern Club, in dem die Beatles zur Legende wurden. Ich mochte insgesamt die typisch britischen, dunkelroten Backsteinhäuser, den Hafen und das entspannte Gefühl in der Luft.


Natürlich kam auch die Literatur nicht zu kurz! So kann ich die Central Library sehr empfehlen. Sobald man sie betritt, überwältigt einen der moderne Kuppelbau. Läuft man tiefer hinein in die Bibliothek, eröffnen sich versteckte Räume der traditionellen Bibliothek mit antiquarischen Schätzen; wie einer alten Ausgabe des Oxford English Dictionary.
Bei einem Abstecher nach Manchester hätten wir sehr gerne weitere historische Bibliotheken besucht, wie die John Rylands Bibliothek in einer stilvollen, viktorianischen Kirche oder aber die Chetham‘s Library, die älteste Bibliothek im englischsprachigen Raum. Leider waren beide über Ostern geschlossen. Dafür habe ich noch die schöne Buchhandlung „Unitom“ im Szeneviertel Northern Quarter besucht. Der Buchladen ist gleichzeitig ein Atelier und Shop.

*Rezensionsexemplare
Vielen Dank an die Verlage für die Bereitstellung!

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