Dicke-Bücher-Camp in New York: „Freunde von Freunden“ von Carter Bays, eine Rezension

Dieses Jahr möchte ich endlich einmal am „Dicke-Bücher-Camp“ teilnehmen, eine fest etablierte Lese-Challenge in der Bücherwurm-Welt von der lieben Marina von Nordbreze. Damit wird man ermutigt, in den Sommermonaten Juli und August auch mal zu einem dickeren Buch zu greifen, ab ca. 500 Seiten (Zum Artikel 2022 von Aline). Hierzu habe ich mich für folgendes Buch entschieden:

Carter Bays: „Freunde von Freunden“

Erschienen im März 2023, bei Ullstein, Rezensionsexemplar

Und was soll ich sagen, es war definitiv perfektes Timing: Der Roman „Freunde von Freunden“ von How-I-Met-Your-Mother-Autor Carter Bays spielt in New York und war mit seinen 576 Seiten der passende Schmöker sowohl für die lange Flugreise als auch für eine ausgiebige Pause im Central Park mit Skyline-Ausblick oder aber für eine Lesezeit im Hotel, als ich durch den Jetleg mitunter viel zu früh wach wurde.

Um es also vorweg zu nehmen, mich hat das Buch wunderbar auf meiner ersten Reise in die Weltstadt New York City begleitet.

„Freunde von Freunden“ von Carter Bays

Inhalt

New York, Sommer 2015: Alice Quick trauert um ihre viel zu früh verstorbene Adoptivmutter und hat ihre Karriere als Klavierspielerin an den Nagel gehängt. Sie möchte neue Wege gehen und verfolgt nun den Traum, Ärztin zu werden.Ein Facebook-Status hält es fest für die Ewigkeit. Allerdings hält sie immer wieder etwas davon ab, sich überhaupt für den dafür erforderlichen Uni-Eignungstest anzumelden. Denn das Leben steckt voller Ablenkungen, vor allem in der Social-Media-Welt. Ähnlich ergeht es ihrer Mitbewohnerin Roxy, Mitarbeiterin in der kommunalen Politik. Sie hängt förmlich am Handy und ist allzu gerne auf Dating-Apps unterwegs. Dort lernt sie unter anderem Bob kennen, der vorgibt das erste Mal auf der Dating-App zu sein. Roxy und Alice stoßen jedoch bald auf einen Artikel, der davor warnt, ihn zu daten. Auch bekommt Roxy ein Dick-Pic von jemand Unbekanntes zugeschickt. Und obwohl es abstoßend ist, schreibt sie weiter mit ihm, bis es zu einem Shitstorm ihr gegenüber kommt – in einer Zeit, in der noch niemand den Hashtag #meetoo verwendet. Alice‘ Bruder Bill, ein durch eine App reich gewordener Unternehmer, versucht wiederum sich endlich all der Technik und digitalen Ablenkungen zu entsagen und belegt einen Buddhismus-Kurs.
Alle Protagonisten stellen früher oder später fest: Dieser Sommer 2015 wird voller Abenteuer und Dramen stecken, vor allem was die Liebe betrifft. Und sie lernen, dass das Internet nicht vergisst. Mitunter nie.

Kritik

Dieses Buch kann man als Offline-Version einer Social-Media-App ansehen. Bis zum Schluss tauchen neue Namen und Beziehungskonstellationen auf – so als würden wir beim Scrollen immer wieder auf neue Accounts stoßen. Es ist dadurch nicht immer leicht, den Verbindungen im Buch zu folgen. Mit der Zeit lassen sich jeweils Verbindungen zu den Hauptfiguren finden. Immerhin findet sich, wie es vermutlich jede:r schon selbst erlebt hat, fast immer eine Verbindung im Social-Media-Netzwerk zu jemand scheinbar Fremdes: Freunde von Freunden eben.

In der Geschichte werden die Anfänge des Social-Media-Hypes beschrieben, in der die Änderung des Beziehungsstatus auf Facebook noch einen hohen Stellenwert hatte. Als erstes großes Social-Media-Netzwerk definierte Facebook zudem den Freundschaftsbegriff gänzlich neu, es entstand sogar eine neue Kategorie von Freundschaft: Freund:in, Bekannte:r, Facebook-Freund:in. In dem Buch wird ersichtlich, wie unbedarft wir anfangs mit dem so schillernden Phänomen Internet umgegangen sind. Wir mussten erst am eigenen Leib erfahren, dass das Internet konserviert. Heute würden viele nicht mehr unbedingt das private Profil öffentlich lassen.

Mit „Freunde von Freunden“ im Central Park New York

Und dennoch ist es auf die heutige Zeit übertragbar. Wir kennen zwar nun die möglichen Risiken des Internets, sind aber gleichzeitig süchtig danach. Durch weitere Apps wie LinkedIn, TikTok und Instagram werden wir noch stärker abgelenkt und sind abhängig davon, da Social Media aus unserem Lebensalltag nicht mehr wegzudenken ist.

Ich habe mich mit dem Buch durch und durch unterhalten gefühlt. Es passieren eher mehrere kleine Ereignisse und Dramen, als dass die Geschichte einer großen Rahmenhandlung folgt. Es war damit das ideale Urlaubsbuch, gerade auf einer Städtereise, wenn man viel unterwegs und abgelenkt ist. So steigt man doch immer wieder gut in die Geschichte ein. Gleichzeitig ist es eine gewissen Genugtuung, wenn man das Buch in der U-Bahn zückt, anstatt des Handys wie die meisten anderen. Das ist in den New Yorker Subways augenscheinlich noch einmal ausgeprägter.

Manche Wendungen in dem Buch waren zwar etwas erwartbar, aber dennoch mit dem einen oder anderen überraschenden Twist – und mit sehr viel Humor und einem gewissen Zynismus gewürzt.

Fazit

Ich mag Urlaubslektüren, die in den jeweiligen Orten spielen, in denen ich gerade unterwegs bin. Im Central Park zu entspannen, wenn die Protagonisten in dem Buch dort gerade einen Spaziergang machen, ist cool.

Außerdem fühlte ich mich beim Lesen dieses Buches wie beim Binge-Watchen der How-I-Met-Your-Mother-Serie. Hier passieren bekanntlich genauso viele kleine Ereignisse und wir treffen immer wieder neue Freunde, Bekannte und Fremde. Und obwohl die Folgen nicht zusammenhängend scheinen, ergibt am Ende alles seinen Sinn und ein roter Faden durch das Beziehungsgeflecht wird ersichtlich.

„Legt eure Handys weg und fangt an zu lesen!“ eine Pressestimme auf dem Buchrücken von der amerikanischen Book-Revue-Website „Kirkus Reviews“ – dem ist nichts hinzuzufügen und ist auch mein Fazit.

Meine New-York-Tipps

New York ist eine Stadt, die man kennt, ohne da gewesen zu sein: aus Filmen, Serien und Büchern. Und dennoch habe ich noch ein paar (Geheim-)tipps, die ich überraschend und besonders beeindruckend fand:

  • Williamsburg und Bushwick in Brooklyn! Meine Favoriten-Viertel mit Vintage-Läden, kleinen Cafés und Street Art (überhaupt überall in New York)
  • Die Food Markets Chelsea Market und weniger touristisch: Smorgasbourg, immer samstags in Brooklyn am Hudson River
  • Nicht mehr ganz so ein Geheimtipp, aber trotzdem beeindruckend: Die Highline, ein Park auf ehemaligen Subway-Gleisen (am besten morgens); direkt beim Chelsea Market
  • Eine Segeltour zur Statue of Liberty – kostet etwas mehr als die üblichen Touristen-Fahrten, ist aber nicht ganz so überlaufen und ein cooles Erlebnis (Diesen Tipp und viele weitere für uns hilfreiche auf Loving New York)
  • Die Skyline vom Brooklyn-Bridge-Park aus bestaunen, nicht so überlaufen wie auf der Brooklyn Bridge oben (und dort läuft leider überall Alicia Keys mit Empire State of Mind)
  • Ein Baseball-Spiel ist definitiv ein Erlebnis! Wir waren bei den METS.
  • Buchhandlungen, die ich besucht habe: 192Books, McNally Jason Books und Spoonbill &Sugartown; Nicht mehr geschafft bzw. zu spät entdeckt habe ich: die Buchhandlung Powerhouse Arena, eine von der ursprünglich aus Berlin stammenden Susanne König (zum ZDF-Beitrag).

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