Der Sommer hat sich zwar in Deutschland ein Weilchen nicht blicken lassen, dennoch war er für uns voll: voll mit Urlaub und Fernweh, Freibad, Natur und Festivals. Auch im Juli und August haben wir zwar über den Tellerrand geblickt, aber jede von uns hatte einen Monat Pause. Nun blicken wir zusammenfassend auf unsere Juli- und August-Bücher zurück, die sich unterschiedlichen Rubriken widmen. Zum einen stellen wir ein Jugendbuch vor und zum anderen ein Lyrikband sowie Kurzgeschichtensammlungen.
„Letzendlich sind wir dem Universum egal“ von David Levithan (Jugendbuch – Aline)
Erschienen bei S.Fischer Verlage
David Levithans „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ habe ich auf einem Büchertisch gefunden und war von der Story sehr angetan, ohne dass mir bewusst war, dass es sich hierbei eigentlich um ein Jugendbuch handeln soll und ich rein vom Alter her nicht der Zielgruppe entspreche. Aber was hat das schon zu sagen?
Jeden Morgen wacht A in einem anderen Körper und damit in einem anderen Leben auf. Nie weiß A vorher, wer A heute ist. Einzig die Region und das Alter sind immer ähnlich. Um sich in diesem Leben zurechtzufinden, hat A Regeln aufgestellt. Eine lautet, sich nicht zu verlieben, doch dann begegnet A Rhiannon. Hört sich vielleicht erst einmal kitschig an, doch mich hat zum einen das Gedankenexperiment, wie es wäre, jeden Tag in einem anderen Körper aufzuwachen, begeistert. Und zum anderen die Figur der Rhiannon, die sich, zwar nach anfänglichen Zögern, doch auf A einlässt und die täglich unterschiedlichen Körper, Identitäten und Geschlechter unvoreingenommen gegenübertritt. Und ja, ich gebe zu, vielleicht schwingt bei dem Jugendbuch er Spirit von Teenie-Verwirrungen und -Irrungen mit, doch es ist die Botschaft, die hier ganz klar im Vordergrund steht – David Levithan platziert nämlich eine so wichtige wie universelle Botschaft, die auch sieben Jahre nach der ersten Veröffentlichung in Deutschland wichtig ist: Lasst uns alle Menschen so akzeptieren wie sie im Innern sind, unabhängig von Gender, Liebe und Religion. Kein Wunder also, dass der Roman so erfolgreich war, sogar verfilmt wurde und ein zweiter und dritter (meinem Eindruck nach bisher nur auf Englisch) Teil folgte.
Der August steht für Luise ganz im Zeichen der Lyrik & Short Stories:
„ich will den blitz nicht verpassen“ von Barbara Peveling
(Lyrik – Luise)
Lyrik & Short Stories – beides lese ich eigentlich auch mal ganz gerne, aber viel zu selten. Zum einen habe ich den Lyrikband „ich will den blitz nicht verpassen“ von Barbara Peveling gelesen, der mir überraschend und passenderweise vom unabhängigen Buchverlag Weissmannverlag zugeschickt wurde. Gefallen hat mir dabei die Schonungslosigkeit in den Gedichten, wie unter anderem bei diesen Zeilen über Mutterschaft und den weiblichen Zyklus:
„regelmäßig schmerzen, messer im bauch, rote, dicke, klumpen, schmiere wie flüssiger beton, baumeister des innern, sehr dunkle spuren (9 monate tampons sparen, bluten ist luxus!) (…) milch produzieren, den körper in eine maschine verwandeln, wie von selbst etwas schaffen“ (aus „wunschliste kinderkriegen: va te faire fouture“).
Ich mochte auch, dass die Gedichte geschrieben waren, als wären sie Notizen oder spontane Gedanken, die der Autorin kamen. So sind sie alle kleingeschrieben und nicht in Reimform verfasst.
Im Vorwort schreibt der Autor Peter Rosenthal über die Gedichte, dass sie unter anderem an Goethe, Rilke und Flaubert orientiert seien, was vielversprechend klang. So waren mir diese Gedichte aber letztendlich zu abstrakt, mir fiel es insgesamt eher schwer einen Zugang zu finden.
Dennoch habe ich mich gerne daran versucht und wenn ihr fortgeschrittenere Gedichte-Leser:innen seid, könnt ihr sicher mehr mit den experimentellen Texten anfangen und erkennt auch eher die Parallelen zu den benannten Lyrikern. (Das ist mir leider nicht gelungen).
„Aminas Lächeln“ von Björn Bicker
(Short Stories – Luise)
Erschienen im Verlag Antje Kunstmann
„Die Menschen in diesen zehn Erzählungen behaupten auf ganz unterschiedliche Weise ihren Platz und ihre Identität in einer Gesellschaft, in der sie als anders wahrgenommen werden, sei es, wegen ihrer sexuellen Orientierung, weil sie arm oder krank sind, oder sei es, weil ihre Eltern oder Großeltern einst aus einem anderen Land gekommen sind. Sie studieren, sie arbeiten als Lehrerin, im Theater, an sich selbst, als Anwältin, Reinigungskraft oder Fotografin. Und sie kämpfen mit sich, mit der Gesellschaft, um das, was sie ausmacht: ihre Menschlichkeit.“
Zugegebenermaßen habe ich im Nachhinein noch einmal diese Erklärung des Klappentexts benötigt, um gänzlich zu verstehen, was diese Kurzgeschichten im Kern zusammenhält. Gleichzeitig haben mich diese Geschichten jeweils so in ihren Bann gezogen, dass ich es nicht wirklich entscheidend fand. Ich habe dieses Buch in einem Schwung durchgelesen.
Sehr wohl wird erkennbar, dass Begriffe wie Identität, oder Heimat immer wieder auftauchen und von jedem anders definiert werden können. Auf nur wenigen Seiten schafft es der Autor, emotionale Geschichten intensiv und dicht zu erzählen, sodass man am liebsten wissen möchte, wie sie weitergehen. Umso schöner ist es, dass mit der Zeit Protagonisten von vergangenen Storys wieder auftauchen.
Man wird vertraut mit dem jeweils vermeintlichem Anderssein und lernt die Gefühle und ganz eigenen Herausforderungen der Protagonisten besser verstehen.
Auch empfehlenswerte Short Stories: „Die Wahrheit über das Lügen“ von Benedict Wells. Inspiriert durch ihr „Über den Tellerrand“-Thema hat Luise weitere Kurzgeschichten als Hörbuch gehört. Gesprochen von Robert Stadlober, welcher wieder authentisch die Geschichten von Wells transportiert. Es sind zehn Kurzgeschichten aus zehn Jahren. Obwohl sie sehr unterschiedlich scheinen, vereint sie, dass sie von einem Schicksal im Leben handeln, das die Protagonisten dazu zwingt, sich neu auszurichten. Sie lernen jeweils damit umzugehen oder gar das neue Leben schätzen zu wissen. Da jede:r weiß, dass das Leben nicht immer so spielt, wie man es gern hätte, kann man sich gut in die Situationen hineinversetzen. Gerade durch Wells’ ehrliche Sprache!
Fazit
Gedichte und Kurzgeschichten eignen sich, wie Luise wieder gemerkt hat, wunderbar für eine kurzweilige und zugleich intensive Unterhaltung für zwischendurch. Sie ermöglichen außerdem durch ihre Kürze, dass unfertige Gedanken und Gedankenexperimente im eigenen Kopf weitergesponnen werden können. Genauso findet Aline, dass man durch Jugendbücher in kreative Gedankenspiele, aber auch faszinierende Welten abtauchen kann, egal ob man jung oder alt ist.
Welche Jugendbücher, Short Stories oder Lyrik könnt ihr noch empfehlen? Wir freuen uns über eure Anregungen, gerne hier als Kommentar oder unter unserem einschlägigen Instagram-Post.