Frühlingserwachen – Monatsblatt Februar 2025

Das schöne am Februar ist, dass der Winter fast geschafft ist. Die Tage werden länger, die Vögel fangen wieder an zu singen, die Sonne schaut häufiger mal vorbei und alle saugen die Frühlingsluft förmlich ein. Einmal haben wir das sogar gemeinsam tun können, denn Luise hat Aline in Hamburg besucht. Neben einem Geheimkonzert (bei dem weder die Location noch die Künster vorher bekannt waren) haben wir auch eine kleine Buchhandlungstour gemacht. Neben der Stories Buchhandlung sind wir noch zur Buchhandlung Heymann und haben uns gegenseitig mit einem Book Blind Date beschenkt. Damit steht der Lesestoff für eine der nächsten Podcastfolgen bereits fest.

Auf die Ohren – Podcast

Im Speeddating bringt Aline dieses Mal einen leichten Thriller mit, mit feministischen Elementen und in jedem Fall ist es ein Page Turner – „Babysitter“ von Joyce Carol Oates, aus dem Englischen von Silvia Morawetz.

Als Blind Date stellt Luise das Buch mit dem ersten Satz „An diesem Junimorgen suchten wir uns ein Versteck“ vor – „Wir waren Komenten“ von Daniel Gräfe: Ein ungewöhnlicher Roman über Herkunft, die Liebe, über das Suchen nach sich selbst und das Finden des anderen auf einem Roadtrip entlang der Donau, nach Rumänien. Ein Land mit bewegter Geschichte!

Übrigens ist bereits die neue Folge online, hier stellt Aline das Buch mit folgendem ersten Satz vor: „Als der junge Jean-Paul Sartre im Fühling 1929 in der Ecole Normale in Paris erstmals Simone de Beauvoir in die Augen blickt, da verliert er das einzige Mal in seinem Leben den Verstand.“ – Im Speeddating stellt Luise diesmal ein historisch, politisches Sachbuch vor. Beide Bücher treffen den Nerv der Zeit, der Zeit der Krisen. Hier geht es direkt zu den Folgen auf Spotify: Aufgeblättert – Dein Book Blind Date

Schwerpunkt Backlistlesen

Da wir dieses Jahr vermehrt zu Backlistbüchern greifen möchten, also Geschichten, die mindestens ein Jahr alt sind, habe wir auf Instagram im Rahmen unserer Challenge #backlistlesen2025 jeweils drei Bücher von unserem Lesestapel gezeigt und unsere Follower haben entschieden, welches Buch wir lesen und vorstellen sollten.

Für Luise wurde „Paradise Garden“ von Elena Fischer (2023) ausgewählt, hier in der besonderen Büchergilde-Ausgabe. Das Debüt ist sicherlich kein Wohlfühlroman, sondern zeigt einen Einblick in eine Welt, in der Armut Realität ist. In der ein Urlaub alles andere als selbstverständlich ist. Die 14-jährige Billy lebt mit ihrer Mutter Marika allein in einer Plattenbausiedlung und am Ende des Geld ist oft noch sehr viel Monat übrig. Doch die beiden machen sich ihre Welt schön, die Mutter zeigt, wie Fantasie und Zuversicht einen durchs Leben bringen können. Da sind die Liege auf dem kleinen Balkon oder ein Ausflug in die Eisdiele mit dem riesigen Paradise-Garden-Eisbecher auch wie Urlaub, nur Zuhause.

Luise gefällt die warmherzige Erzählung mit dem gleichzeitig gesellschaftskritischen Blick – Elena Fischer legt den Finger in die Wunde. Denn Armut wird gerne tabuisiert, es herrschen Vorurteile, als sei Armut stets selbstverschuldet und als wären arme Familienverhältnisse zwangsläufig schwierig oder zerrüttet. Bei Billy und Marika handelt es sich um eine enge Mutter-Tochter-Beziehung. Bis die Mutter nicht mehr da ist und Billy auf ihren eigenen Füßen stehen und alleine durch die Welt gehen muss, sich auf die Suche nach ihrem Vater macht. Ab diesem Zeitpunkt nimmt für mich die Geschichte etwas zu viele konstruierte Wendungen, wirkt unglaubwürdig von der Handlung her. Für Luise ging dahingehend der Zauber der ersten Seiten etwas verloren. Selbstverständlich dürfen allerdings auch das Geschichten: fantasievoll sein, etwas wagen. Es ist ein Roman mit einer sehr bildhaften, mitreißenden Sprache, kurzweilig, augenöffnend – den sie also gerne gelesen habe.

Aline hat sich tiefergehend mit der Nobelpreisträgerin 2024 Han Kang auseinandergesetzt, da insbesondere das Werk „Die Vegetarierin“. Den Blogbeitrag gibt es noch einmal hier zum Nachlesen: Auf den Spuren einer Nobelpreisträgerin: Han Kang


Ein Lesehighlight von Aline: Trophäe von Gaea Schoeters

Übersetzt aus dem Niederländischen von Lisa Mensing, erschienen im Februar 2020 bei Zsolany

Ein Jahreshighlight 2025 habe ich wohl jetzt schon gelesen, denn ich bin mir sehr sicher, dass wenig bis gar nichts „Trophäe“ toppen kann. Gaea Schoeters begleitet in diesem aufwühlenden und provokanten Roman den reichen Amerikaner Hunter White, der als Großwildjäger nach Afrika gekommen ist, um dort sein Projekt der Big Five zu vollenden. In seinem Trophäenschrank fehlt nur noch das Nashorn, und während ich dies schreibe, blutet mein Herz schon wieder. Denn auch wenn Gaea Schoeters einen fiktiven Roman geschrieben hat, fühlen sich die Jagdszenen doch irgendwie brutal echt an. Als Wilderer Hunter das Nashorn vor der Nase wegschnappen, fragt ihn sein Jagdleiter Van Heeren, während sie junge, flinke Afrikaner bei der Jagd beobachten, kurzerhand, ob Hunter schon einmal von der Big Six gehört habe. Spätestens ab diesem Teil der Erzählung verschwimmen die Grenzen zwischen Mensch und Tier. Alle, ob Kudu, Löwe, Mensch oder Giraffe, werden zu Gejagten. Die Herde lässt ein Mitglied zurück, wenn dies den Erhalt der gesamten Gruppe sicherstellen kann. Ob Naturvölker oder Kudus, die Grenzen in „Trophäe“ verschwimmen, doch der Verstand möchte eine moralische Grenze ziehen. „Die Befriedigung liegt nicht so sehr im Töten, sondern in der Unterwerfung der Beute: in der Bestätigung unserer Vorherrschaft über alles andere Leben.“ (S. 194). „Trophäe“ ist auf subtile Weise brutal und schmerzhaft und spiegelt dennoch die gesamte moralische und ethische Verwerflichkeit der Menschheit im Umgang mit der Natur und sich selbst wider.


Weitere Bücher im Februar Kurz zusammengefasst

Nicht unerwähnt in diesem Monat sollte natürlich auch die Bundestagswahl bleiben. Wir sehen uns vornehmlich als Buchblog, in dem es um Buchtipps geht und wir damit eine Auszeit vom stressigen Alltag schaffen wollen. Nur sind Bücher genauso wichtig, um mittels Argumenten und Thesen die eigene Meinung stärker herausbilden zu können. Daher haben wir passend zum Thema ein paar Buchtipps zusammengestellt:

Unser absoluter Tipp für eigentlich alle: „Endlich Politik verstehen“* von Nina Poppel, das sich für Erstwähler:innen eignet. Es werden anschaulich die Basics erklärt, wie demokratische Institutionen, Parteien, Wahlen funktionieren und welche Engagementformen es gibt. Wir empfehlen das Buch genauso denjenigen, für die Politik ein komplexer Fachbegriffsdschungel bleibt und die Demokratie besser verstehen und aktiv werden wollen.

Außerdem zu Politik allgemein:
Freiheit“ von Angela Merkel, das 75 Jahre deutsche Geschichte und einen Blick ins Innere der politischen Mechanismen vermittelt. Man muss es nicht am Stück lesen, hat Luise auch nicht.

Deep Dive – über politische Themen:
Traumland. Der Westen, der Osten und ich* von Adam Soboczynski über die andauernde Komplexität des Ost-West-Konflikts, das zu Diskussionen einlädt.

Vom Tellerwäscher zum Tellerwäscher“* von Ciani-Sophie Hoeder über die Problematik vorhandener Klassen und wie wir mehr Chancengleichheit ermöglichen sollten.

Code und Vorurteil“* hrsg. von Marie-Sophie Adeoso, Eva Berendsen, Leo Fischer, Deborah Schnabel über KI in Wechselwirkung mit Rassismus ind Antisemitismus, und wie die Politik hier durch Regularien schnell ins Handeln kommen sollte.

Romane:
Zugvögel“ von Charlotte McConaghy, eine Ode an die bedrohten Geschöpfe dieser Erde, ein Weckruf für die Zukunft unserer Natur.

Schleuser“* von Stéphanie Cost, ein Roman der mit Wucht und Spannung über Flucht und dem perfiden Schleuser-System erzählt.

Um die Nerven nach all den politischen Diskussionen wieder etwas zu beruhigen, empfehlen wir außerdem:

Als sei alles leicht von Elif Conrad , die Aline schon mit ihrem Debütroman „Schneeflocken wie Feuer“ begeistern konnte. Zwar ist „Als sei alles leicht“ deutlich dünner, entwickelt dafür aber sprachlich noch einmal deutlichere Wucht, ist fragmentierter, poetischer und lässt Sätze lange nachhallen.

„Dein Herz ist mein Meer“ von Courtney Peppernell (Übersetzung von Sibylle Schmidt) ist eine Sammlung von Gedichten, die von Liebe, Sehnsucht, Verlust und Hoffnung erzählen. Die Texte sind in verschiedene Kapitel unterteilt, die jeweilige Stimmung entspricht der Euphorie des Verliebtseins oder der Melancholie des Vermissens.

„Freundinnen. Ein Lesebuch“ herausgegeben von Marie Bernhard, Illustriert von Annabelle von Sperber ist eine Hommage an die besondere Verbindung zwischen Frauen. In Gedichten, Briefen und Erzählungen zeigt das dünne Büchlein, wie Freundschaft uns ein Leben lang begleiten kann.

Beide Bücher waren unsere Buchtipps zum Valentinstag.

Pompeji. Oder die fünf Reden des Jowna“ von Eugen Ruge entführt uns in die gleichnamige antike Stadt, die durch detailreiche Beschreibungen, mit einer greifbaren Atmosphäre lebendig wird.

Zum Abschluss sei noch gesagt, dass Luise in Köln ihr erstes Mal Karneval erlebt hat. Ihr Fazit: Sobald man im Rheinland lebt, kann man durchaus von der Faszination und Begeisterung für die fünfte Jahreszeit angesteckt werden. „Fastelovend“, die kölsche Formulierung für das Fest hat netterweise die Liebe im Wort. Luise wollte aber auch ein Zeichen setzen, und ist als „Fake News“ gegangen. Dabei ist die eine oder andere inspirierende Diskussion entstanden, mit bekannten sowie fremden Leuten.

*Rezensionsexemplare

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